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1875. Seit diesem Jahre wurden die oberen Reichsgerichte
Englands in dem obersten Gerichtshof vereinigt, welcher die soeben
erwähnte Benennung führt. Diese Gerichtshöfe, welche für die
Entwicklung des englischen Rechtslebens so überaus bedeutsam
sind, waren the Oourt of common pleas, the court of
exchequer, the Queens Bench, the Admiralty court,
the Probate and Divorce court. Der erstere war der
eigentliehe Gerichtshof für alle gewöhnlichen Klagen, Kriminal-
gerichtsbarkeit übte er nicht aus, sondern fast ausschliesslich
Ziviljustiz. Der zweite war in der Hauptsache Gerichtshof in
Fiskalsachen, er entschied speziell in Steuerdefraudationssachen
und stets, wenn der Fiskus bei einem Rechtsstreite irgendwie
betheiligt war, später überhaupt in gewöhnlichen Zivilsachen, welche
mit einer persönlichen Klage verfolgt wurden. Die Queens bench
war das Oberaufsichtsgericht über alle andern Gerichte, sie hatte
Disziplinargewalt über die untern Gerichte und Korporationen
und übte dieselbe durch writ of mandamus aus, ausserdem war
sie Apellhof in allen Kriminalsachen und besass das Recht, alle
strafbaren Handlungen vor ihr Forum zu ziehen. Dieser Theil
ihrer Thätigkeit wird the crown side im Gegensatz zu the
plea side genannt. Der Admiralitätsgerichtshof war für gewisse
Fälle zuständig, welche mit dem Seerecht und der Schifffahrt
zusammenhingen, (Bodmerei, Havarie, Verheuerung, Bergelohn
u. Ss. w.) und übte ausserdem eine Gerichtsbarkeit in Prisesachen
aus, während der Court of Probate and Divorce in Testaments-
und Ehescheidungssachen mit Gerichtsbarkeit befasst war. Mit
der Vereinigung dieser fünf Gerichtshöfe in dem Supreme Court
of judicature wurde an ihrer Kompetenz nichts verändert. Der
Court zerfällt in Her Majestys high court und Her
Majestys court of appeal. Die ehemaligen einzelnen Höfe
bilden Abtheilungen, divisions, deren Mitglieder regelmässig nicht
kollegialisch, sondern als Einzelrichter entscheiden. Stehen jedoch
wichtigere Fragen zur Verhandlung, so werden auf Anordnung
des Vorsitzenden einer Abtheilung Kollegien gebildet, divisional
courts, welche in der Besetzung von zwei oder drei Mitgliedern
entscheiden. Die so gebildeten Kollegien sind Berufungsgerichte
und zwar sowohl für die gegen die Urtheile der untern Gerichte