— 271 —
der sog. „Preamble“, hinsichtlich deren SCHLIEF und ich so schroff
einander gegenüberstehende Behauptungen aufstellen. Wenn
SCHLIEF sagt, „dass es fast den Anschein hat, als ob er (ich) aus
diesen wenigen Worten die ganze rechtliche Struktur der Union
als solcher glaubt folgern zu sollen“, so geht das einen Schritt
über meine Ansicht hinaus, aber ich halte allerdings dafür, dass
die Worte „We the people of the United States... do ordain
and establish ?) this Constitution for the United States of Ame-
rica den bundesstaatlichen Charakter der Union — im
Gegensatz zu dem staatenbundlichen, den sie unter den Kon-
föderationsartikeln gehabt — zweifellos feststellen, und ich be-
haupte vor allen Dingen mit grösster Bestimmtheit, dass dieses
das geltende Verfassungsrecht der Union ist, während diese
Frage vor dem Bürgerkriege und während desselben als eine
offene angesehen werden durfte oder gar musste, denn von einem
grossen Theil des Volkes wurde diese Deutung der Preamble
nicht als richtig anerkannt, und die einander entgegenstehenden
Interpretationen derselben gaben den verfassungsrechtlichen Boden
ab, auf dem der Bürgerkrieg ausgefochten wurde. Von einem ge-
wissen Gesichtspunkte aus kann vielleicht der oft aufgestellte Satz
angefochten werden, dass die Frage durch das Schwert entschieden
worden sei, d. h. man kann sagen, die Entscheidung einer Rechts-
frage durch Gewalt sei eine contradictio in adjecto, aber es ist
unbestreitbar und unbestritten, dass, nachdem der Süden durch
das Schwert niedergeworfen worden war, die Interpretation des
Nordens allgemein als geltendes Verfassungsrecht anerkannt
werde und in alle Zukunft unverbrüchlich anerkannt werden solle.
Dagegen hat meines Wissens die Ansicht ScHLiEr’s, dass die
Preamble „nur eine historische Bedeutung“ und „keine andere
Bedeutung, als diejenige, welche etwa die den neueren deutschen
Gesetzen zugefügten Motive in Anspruch nehmen können“, habe,
auch vor dem Bürgerkriege keine Vertreter in den Vereinigten
Staaten gehabt. Die Staatenrechtler behaupteten nur, dass sie
so zu interpretiren sei, als ob statt United States States united
2) SCHLIEF überselzt an dieser Stelle (Abh. p. 81) das do ordain and
establish mit den Worten „beschlossen haben“, was meiner Ansicht nach
eine nicht gleichgültige Abschwächung ist.