Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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für sich und hatte absolute Willensfreiheit. Es konnte den Ent- 
wurf der Philadelphia-Konvention durch seine bevollmächtigten 
Vertreter annehmen oder verwerfen und damit aus der Union 
ausscheiden, wenn die projektirte Umbildung derselben sich voll- 
zog. Allein seine Ratifikation machte den Entwurf noch nicht 
zu einer Verfassung, sondern sie war nur die rechtsverbindliche Er- 
klärung, dass, wenn das Volk von mindestens acht anderen 
Staaten den gleichen Beschluss fasste, die Neubildung der Union 
dadurch eine vollendete Thatsache geworden, dass für die betref- 
fenden Staaten dieser Entwurf als die vom Volke der Vereinigten 
Staaten den Vereinigten Staaten gegebene Verfassung gelten 
solle. Nur mit dem Willen und durch den Willen seines Volkes 
wurde jeder Staat konstituirendes Glied der neuen Union, aber 
nicht durch einen Willensakt jedes einzelnen Staates, sondern erst 
durch den gleichen und zusammenwirkenden Willensakt des 
Volkes von neun Staaten wurde der Philadelphia-Entwurf zu einer 
Verfassung, und die später ratifizirenden Staaten erhielten durch 
ihre Ratifikation selbstredend ganz den gleichen Rechtsstatus in 
der Union.“ 
Von dem Satz: „Das Volk, in dem Sinne, in welchem dieses 
Wort von einer Verfassungsurkunde ausschliesslich gebraucht 
werden darf, kann daher nie Souveränetätsrechte besitzen“, gelangt 
SCHLIEF nun zu einer Reihe von Schlussfolgerungen, die im 
schrofisten Widerspruch mit dem geltenden Verfassungsrecht 
der Union stehen. 
Die Souveränetät der Bundesregierung ist ein häufig 
von ihm gebrauchter Ausdruck. In dem geltenden Verfassungs- 
recht hat derselbe nie eine Stelle gehabt. Publizisten, Staats- 
männer, Richter, das gesammte Volk sind seit jeher in voller 
Uebereinstimmung der Ansicht gewesen, dass mit ihm der oberste 
Grundsatz der Verfassung auf den Kopf gestellt werde. In den 
Vereinigten Staaten ist es stets ein unwidersprochener Satz ge- 
wesen, dass Beauftragung mit Ausübung der Hoheitsrechte und 
Uebertragung der Souveränetät nicht identisch sind. Die Souve- 
ränetät gilt begrifflich nicht für übertragbar, die Bundesregie- 
rung aber hat nur übertragene Befugnisse, die der alleinige 
Inhaber der Souveränetät, „das Volk der Vereinigten Staaten,“
	        
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