Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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von uns behauptete Bedeutung besitze, andernfalls sie überhaupt gegenstands- 
los sein würde. Allein, gesetzt auch, dass der Minister für die Etatsüber- 
schreitung haftbar sei, so vermag dies die Wirkungen der Indemnitätsertheilung 
nicht zu ändern bezw. zu beschränken. 
Denn 
3) Die Indemnitätsertheilung ist untheilbar. Die Wirkungen der nach- 
träglichen Genehmigung sind einheitliche und gleiche nach allen Rich- 
tungen hin; sie können nicht nach verschiedenen Seiten hin verschiedenartige 
sein, nicht nach der persönlichen Seite hin gespalten noch getheilt werden. Es 
folgt dies aus der rechtlichen Natur der Indemnitätsertheilung mit logischer 
Nothwendigkeit. 
Die Indemnitätsertheilung, mag sie sich nun auf Etatsüberschreitungen 
oder andere Handlungen der Staatsorgane beziehen, schliesst nicht etwa blos 
die Verantwortlichkeit der handelnden Personen aus, sie bewirkt nicht etwa 
blos „Indemnität“, „Straflosigkeit* der handelnden Subjekte ohne irgend 
welche Beziehung auf den objektiven Inhalt der vorgenommenen Handlung. 
Der Begriff der „Indemnität“ deckt sich keineswegs mit dem Wortsinn. Sie 
ist keine Art der Begnadigung, die nur das Subjekt betrifft, ohne die objektive 
Rechtswidrigkeit der: vorgenommenen Handlung aufzuheben. Wäre sie dies, 
so könnte sie in der That getheilt werden! Es könnte ebenso wie von 
mehreren Mitthätern bei einem Verbrechen der eine begnadigt werden mag, 
der andere nicht, bei einer rechtswidrigen Etatsüberschreitung im Bauetat 
der Bautenminister von seiner Verantwortlichkeit — letztere als begründet 
angenommen — befreit werden, unbeschadet der Verantwortlichkeit und 
civilrechtlichen Haftung des Baubeamten! Allein die Indemnitätsertheilung 
hat nicht wie die Begnadigung eine nur persönliche Richtung auf das 
handelnde Subjekt: sie ergreift vielmehr als „nachträgliche Genehmigung“ die 
ganz vorgenommene Handlung in ihrem objektiven Bestand und Inhalt, 
unabhängig von den Subjekten der Handlung, sie verwandelt als nachträgliche 
Genehmigung — ganz analog der civilrechtlichen Ratihabition — kraft Rück- 
wirkung die bis dahin dem Mandanten gegenüber rechtswidrige Handlung 
zu einer rechtmässigen. Letztere erlangt den Charakter der Rechtmässigkeit 
in dem Maasse, dass sie nicht etwa als eine sekundär nachträglich rechtmässig 
gewordene, sondern primär und von Anfang an berechtigt gewesene, 
staatlichem Auftrag gemässe und ihn vollziehende Handlung erscheint und 
wirkt, so dass alle etwaigen Folgen rechtswidrigen Handelns in ihrer objektiven 
Existenz ohne Rücksicht der Subjekte vernichtet sind, nicht blos das Subjekt 
ihrer frei und enthoben ist. Klar und scharf ausgeprägt tritt uns der hier 
juristisch entwickelte Rechtscharakter der Indemnitätsertheilung in der 
berühmtesten und folgenschwersten, die die preussische Staatsrechtsgeschichte 
kennt, der vom 14. September 1866 entgegen. Sie besitzt ein um so höheres 
Maass von Bedeutung für die juristische Erkenntniss der Indemnitätsertheilung 
und kann um so mehr geradezu als deren typische Erscheinungsform gelten, 
als sie nicht einen einzelnen etatswidrigen Akt der Staatsorgane zum Objekt
	        
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