Dr. Siegfried Brie, ord. Prof. an der Univers. Breslau, Theorie der
Staatenverbindungen. Breslau 1886. gr. 4°. 1398. (Gratulations-
schrift der Universität Breslau zum fünfhundertjährigen
Jubiläum der Universität Heidelberg.)
Dem sachkundigen Leser braucht nicht gesagt zu werden, dass die
hier besprochene Schrift den Abschluss langjähriger, höchst eindringender
Forschungen bildet und dass sie eine in den betheiligten wissenschaftlichen
Kreisen seit Jahren gehegte Erwartung erfüllt. Schon im Jahre 1874 hat
der Verfasser seine historisch-dogmatische Untersuchung über den Bundesstaat
veröffentlicht und durch diese ebenso durch Gelehrsamkeit und Gründlichkeit
wie durch klare und fesselnde Darstellung ausgezeichnete Monographie sich
einen angesehenen Platz unter den deutschen Staatsrechts-Schriftstellern er-
worben. Aber es erschien nur die erste dogmengeschichtliche Abtheilung.
Die in dem Vorwort derselben ertheilte Zusage des Verfassers, dass der
zweite Theil der Arbeit, welcher die Begründung seiner eigenen Theorie ent-
halten sollte, voraussichtlich während des nächsten Sommers erscheinen
werde, blieb unerfüllt. Fast schien es, als ob der Verfasser sich von dem mit
so grossem Erfolge bearbeiteten Thema ganz abgewendet habe; durch das
Erscheinen des geistreichen und hochbedeutsamen Buches von JELLINEK, die
Lehre von den Staatenverbindungen, Wien 1881, wurde aber BRIE zu einer
Weiterführung seiner Studien veranlasst. Im elften Bande der Grünhut’schen
Zeitschrift f. das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart (1884) ver-
Ööffentlichte BRıE eine sehr werthwolle kritische Erörterung der von JELLINEK
entwickelten Theorien, welche ihm Veranlassung bot, auch auf andere im
letzten Jahrzehnt erschienene Untersuchungen über denselben Gegenstand
Rücksicht zu nehmen und zugleich die Gesichtspunkte anzudeuten, von welchen
aus er selbst eine Lösung des wissenschaftlichen Problems glaubte gewinnen
zu können. Aber auch diese Abhandlung, welche die Ueberschrift „Erster
Artikel“ trägt, war und blieb ein Torso; der „Zweite Artikel“ erschien nicht
und das Verlangen, die eigene Theorie des Verfassers in zusammenhängender
dogmatischer Darstellung kennen zu lernen, blieb wieder ungestillt. Da bot
das Jubiläum der Heidelberger Universität dem Verfasser die Veranlassung,
die Grundzüge seiner eigenen Auffassung der Staatenverbindungen und ihrer
verschiedenen Arten zu veröffentlichen. Der Universität Heidelberg, welche
für die Förderung der Staatswissenschaft so Grosses geleistet hat, kommt
daher auch an der Bereicherung derselben durch die vorliegende Arbeit ein
mittelbares Verdienst zu. Wenngleich demnach diese Abhandlung eine Ge-
legenheitsschrift ist, so ist sie doch nicht, wie manche andere Gelegenheits-
schrift, unter dem Drucke eines kurzen Termins verfasst, sondern sie bietet
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