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stens nahe verwandt und werden daher auch durch die Normen des allgemei-
nen Völkerrechts bestimmt: aber es bestehen daneben noch besondere, dem
Zwecke der Spezialverbindung entsprechende Rechtsverbindlichkeiten der
Mitglieder zum Austausch von Leistungen, zur Duldung von völkerrechtlichen
Dienstbarkeiten, zur Unterlassung von Handlungen. Eine noch engere Ver-
bindung unter Staaten wird aber erzeugt, wenn aus der Interessengemein-
schaft derselben die rechtlich normirte Gemeinschaft des positiven Handelns
hervorgeht. Solche Staatenverbindungen nennt der Verfasser „Staaten-
Associationen“*, und damit gelangt er nun zu denjenigen Gestaltungen, an
welche man wol bei dem Ausdruck Staatenverbindungen vorzugsweise denkt.
Als das entscheidende Kriterium derselben stellt er auf die Rechtspflicht
der Glieder, für einen und denselben ihnen gemeinsamen Zweck in positiver
Weise thätig zu sein. Solche Associationen sind entweder unorganisirt oder
sie sind „Staatengesellschaften mit Organsgemeinschaft“ oder sie sind, Staaten-
Gemeinwesen“, deren regelmässiger und praktisch wichtigster Typus der
„Bund“ ist. Die unorganisirten Staaten-Associationen gehören nach ihrer
Juristischen Struktur durchaus zu den völkerrechtlichen Staatenverbindungen
mit beiderseitigen Rechten und Pflichten der Glieder und sind der Societät
des römischen Privatrechts völlig analog; zu ihnen sind z. B. die Kriegs-
bündnisse zu zählen. Die organisirten Verbindungen oder „Staatenvereine“
sind charakterisirt theils durch die Dauer der Vereinigung theils dadurch,
dass eine über den einzelnen Staat hinausgehende Organisation für die Er-
reichung des gemeinsamen Zweckes besteht, dass sie „Kollektivorgane* haben.
Nicht zu dieser Gruppe rechnet der Verfasser die sogen. Personalunion;
denn die im Rechtssinne zufällige Gemeinsamkeit des Staatsoberhauptes einer
Mehrzahl von Staaten hat an sich keine rechtlichen Wirkungen für die be-
treffenden Staatsgewalten, ist also weder Ausfluss noch Ursache einer recht-
lichen Staatenverbindung. Es kann nun das Kollectivorgan entweder ein
untergeordnetes oder das Staatsoberhaupt selbst sein. Die erste Art von
Staatenverbindungen findet hauptsächlich Anwendung für die gemeinsame Aus-
übung von internationalen Verkehrsfunktionen und für gemeinsame Rechts-
pflege. Die andere Art ist die sog. Realunion. Dieselbe wird daher vom Ver-
fasser zu den Staatengesellschaften und folglich zu den völkerrechtlichen
Spezialverbindungen im weiteren Sinne gerechnet. Die Rechtspflicht jedes
der verbundenen Staaten gegenüber dem anderen, deren Inhalt die Gemein-
samkeit des monarchischen Oberhauptes bildet, könne ebensowohl durch Ge-
wohnheitsrecht oder durch Gesetz einer übergeordneten Staatsgewalt wie
durch Vertrag der künftigen Unionsglieder begründet werden, und es sei be-
grifflich irrelevant, ob die gegenseitige Verpflichtung in den einzelnen Unions-
staaten eine übereinstimmende grundgesetzliche Anerkennung erhalten habe
oder nicht. Endlich gelangt der Verfasser zu denjenigen Staatenverbindungen,
welche theoretisch und praktisch die wichtigsten sind, nämlich zu den
„Staaten-Gremeinwesen“, d. h. Staatenverbindungen, bei welchen die einzelnen
Mitglieder einem Gesammtwillen mit eigenen Organen untergeordnet sind.
Wenn an der Willensbiläung des Gemeinwesens prinzipiell alle Gliedstaaten
Theil zu nehmen rechtlich berufen sind, so nennt man die Staatenverbindung
einen Bund. Zu dieser Klasse rechnet der Verfasser den Staatenbund und
den Bundesstaat. Auch dem Staatenbund legt der Verfasser eigene Rechts-
Persönlichkeit und einen eigenen, föderativ gebildeten „Organismus* zu; er