Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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kann also einen Gegenstand, der sich zu gesetzlicher Regelung 
eignet, in die Form eines blossen Beschlusses kleiden und sie 
kann jeden Beschluss entweder als nicht allgemein verbindlich 
behandeln, oder als dringlich erklären. 
Was unter „allgemein verbindlich“, oder französisch unter: 
„port6e generale“ zu verstehen sei, ist nicht genügend klar. Aus- 
geschlossen von dem Referendum wollten offenbar administrative 
Recursentscheidungen werden, welche nach der Bundesverfassung, 
(in Ermanglung eines eidgenössischen Verwaltungsgerichtshofes), 
zunächst dem Bundesrathe und in zweiter Instanz der Bundes- 
versammlung zum Entscheide obliegen. Diesen Behörden fällt 
überhaupt nach den Bestimmungen des okeitirten Artikels 113 
der B.-Verf. und Art. 59 der bundesgerichtlichen Organisation 
der Schutz einer ganzen Reihe von wichtigsten individuellen 
Rechten zu®). Solche Entscheidungen, die zwar eine sehr 
grosse „portee generale* haben könnten, sollen offenbar nicht 
noch dem Referendum unterstellt werden können. Weniger klar 
ist dies in vielen anderen Fällen. Namentlich wurde wiederholt 
schon bezweifelt, ob blosse Finanzdecrete, vorzüglich also die sehr 
häufig vorkommenden Unterstützungen des Bundes an Wasser- 
und Strassenbauten, s. Z. auch die Subvention desselben an die 
  
Gerichte des Landes als verfassungswidrig angefochten werden, auch wenn 
diese Thatsache zur Evidenz vorläge. 
65) Beschwerden über Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefrei- 
heit, der Niederlassung, der Glaubens- und Gewissensfreiheit, ferner Streitfragen 
des Schulwesens, des Civilstands- u. Eherechts, der Begräbnissplätze, der canto- 
nalen Wahlen u. Abstimmungen, der noch bestehenden cantonalen Verbrauchs- 
steuern, Jagd, Vogelschutz, Fischerei, weiter die Controle der wissenschaftlichen 
Berufsarten, der Fabriken, Auswanderungsagenturen und Versicherungs- 
anstalten, der Banknotenausgabe, des Maasses und Gewichts, der gemein- 
gefährlichen Epidemien und Viehseuchen, und ferner eine Reihe von Ver- 
hältnissen, die aus Staatsverträgen mit dem Auslande sich ergeben, gehören 
zu diesen sogenannten „Administrativ-Streitigkeiten“, die nicht gerichtlicher 
Natur sind und in letzter Linie bis vor die Bundesversammlung gezogen 
werden können. Es ist übrigens gegenwärtig ein Gesetz in Vorbereitung, 
welches darin wahrscheinlich eine erhebliche Aenderung eintreten lassen wird 
und es fehlt nicht an Stimmen, welche diese ganze weitläufige Administrativ- 
justiz dem Bundesrathe und der Bundesversammlung gänzlich entziehen 
wollen.
	        
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