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Einzelne begeisterte Anhänger der Initiative wollen so weit
gehen, dass sie sogar Einzelnen diesen obligatorischen Einfluss
auf die Gesetzgebung gestatten, wobei die Verbreitung ihrer Ideen
und die Sammlung der erforderlichen Stimmzahl auf Staatskosten
erfolgen müsste '!°).
Vorschlagsrecht des Volkes.
Art. 29 (der Verfassung). Das Vorschlagsrecht der Stimmberechtigten
(Initiative) umfasst das Begehren nach Erlass, Aufhebung oder Abänderung
eines Gesetzes oder verfassungsmässig nicht ausschliesslich in die Befugniss
des Cantonsrathes fallenden Beschlusses. Derartige Begehren können in der
Form der einfachen Anregung, oder des ausgearbeiteten Entwurfs gestellt
werden und sind in einem, wie im andern Falle zu begründen.
Wenn ein Einzelner oder eine Behörde ein solches Begehren stellt,
welches von einem Dritttheile der Mitglieder des Oantonsrathes unterstützt
wırd, so muss über dasselbe durch das Volk entschieden werden. Dem
Antragsteller oder dem Abgeordneten der antragstellenden Behörde steht
das Recht der persönlichen Begründung im Schosse des Cantonsrathes zu
insofern 25 Mitglieder des Cantonsrathes das Gesuch um persönliche Begrün-
dung unterstützen.
Ebenso muss der Volksentscheid veranlasst werden, wenn 5000 Stimm-
berechtigte oder eine Anzahl von Gemeindeversammlungen, an denen wenigstens
5000 Stimmberechtigte dafür gestimmt haben, ein solches Begehren stellen,
insofern der Cantonsrath demselben nicht entspricht. Eine rechtzeitig ein-
gereichte Anregung soll spätestens in der zweitfolgenden regelmässigen Volks-
abstimmung dem Volke zum Entscheide vorgelegt werden.
Die Anregung, beziehungsweise der Entwurf, ist vor der Abstimmung
immer dem Cantonsrathe zu begutachtender Beschlussfassung zu unterbreiten.
Für den Fall, dass ein von der Volksinitiative ausgegangener Gesetz-
entwurf zur Abstimmung gelangt, kann der Cantonsrath dem Volke ausser
seinem Gutachten auch einen abgeänderten Entwurf zur Entscheidung vorlegen.
Fraglich ist, ob im Falle einer Volksinitiative und nachheriger Ver-
werfung der Vorlage das Initiativbegehren als fortbestehend anzusehen und der
Cantonsrath gehalten sei, ein neues Gesetzesproject vorzulegen, oder die
ganze Sache als erledigt betrachtet werden könne. Diese letztere Ansicht
ist die vorherrschende.
Die Initiative ist wegen ihrer möglichen Ausschreitungen von allen diesen
demokratischen Volksrechten am meisten dem Tadel ausgesetzt. Ein an-
sehnliches Mitglied des Eidgenössischen Nationalraths nannte sie daher in
demselben noch vor nicht langer Zeit mit einem etwas drastischen Ausdruck
„une ferblanterie democratique“, eine demokratische Spenglerei.
118) Eine ausführliche Behandlung dieses Gegenstandes findet sich neuestens