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wird da statuirt? Wir wüssten keinen anzuführen und würden
für den Fall, wenn man uns als solchen etwa den Satz bezeichnen
wollte, „die Funktionen des Staates haben sich, insofern sie einen
finanziellen Effekt hervorbringen sollen, in der Etatsperiode auf
die im Finanzgesetze bezeichneten Funktionen zu beschränken“, ent-
schieden bestreiten, dass eine Anordnung der gedachten Art im
Finanzgesetze enthalten sei oder aus demselben auch nur sub-
intelligirt werden könne.
Man sagt daher mit Recht, das sog. Finanzgesetz sei seinem
Wesen nach ein Verwaltungsakt, weil demselben — abgesehen
von den oben gedachten Ausnahmsfällen — eine Regelung der
durch dasselbe berührten Lebensverhältnisse ganz ferne
liegt. Die blosse Bezeichnung dieses Aktes als Gesetz in den
einzelnen Verfasssungsurkunden erklärt sich eben sehr einfach
durch die für das Zustandekommen des Etats vorgeschriebene
Form und ist ebenso wenig entscheidend als eine etwa in einem
Gesetze vorkommende irrige wissenschaftliche Definition eine
praktische Wirkung hervorzubringen vermag. Mag immerhin das
österreichische bürgerliche Gesetzbuch im 8 305 den Besitz neben
dem Eigenthume, dem Pfandrechte, der Dienstbarkeit und dem
Erbrechte den dinglichen Sachenrechten beizählen, so dürfte sich
doch heut zu Tage kaum ein Jurist finden, der im Ernste be-
haupten wollte, der Besitz sei „ein dingliches Recht“. Die Giltig-
keit der betreffenden Bestimmung wird ja darum nicht bestritten,
sondern es wird nur aus dem Inhalte des Gesetzes die Irrigkeit
der für ein zu Recht bestehendes Institut gewählten Bezeichnung
dargethan! 1)
Auch wir sprechen weder der den genehmigten Staatsvoran-
schlag als Gesetz bezeichnenden Verfassungsbestimmung, noch dem
Finanzgesetze selbst die Giltigkeit ab, aber wir können nicht zu-
geben,. dass einem Akte desshalb, weil er als Gesetz bezeichnet
wird und weil er in den Formen eines Gesetzes zu Stande
kömmt, eine andere Wirksamkeit innewohnen sollte, als welche ihm
seinem Wesen nach zukömmt. Der Irrthum, als sei die „bloss“
formelle Gesetzeskraft gegenüber der Kraft eines Gesetzes im
1%) Man vgl. hierüber jetzt insbesondere die Ausführungen bei EIsELE
a. a. O., S. 89 ff.