Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Aus dem unter 
ganz anderen Verhältnissen ausgeübten Steuerbewilligungsrechte 
der ehemaligen Landstände kann somit das Wesen des Steuer- 
bewilligungsrechtes im Sinne der modernen Verfassungen keines- 
wegs erschlossen werden. 
Eine andere Einwendung gegen unsere Ansicht stützt sich 
darauf, dass angeblich gewisse Rechtssätze nicht unmittelbar ver- 
wirklicht werden können, sondern einer Vermittlung zwischen 
Anordnung und Vollzug durch die gesetzliche Anordnung 
ihrer Verwirklichung bedürfen. Dies treffe eben bei den 
Steuergesetzen zu, und es stehe demgemäss das Finanzgesetz 
gleichsam in der Mitte zwischen den materiellen Gesetzen und 
der in Gemässheit derselben vorzunehmenden Verwaltung und 
Rechtsprechung ?®). Allein man kann da doch wohl mit Recht 
fragen, warum ein Steuergesetz erst eines anderen (esetzes be- 
dürfen solle, durch welches dessen Verwirklichung in einer be- 
stimmten Periode angeordnet wird? Sollte dies die Natur des 
Steuergesetzes erheischen, so müsste der aufgestellte Grundsatz 
auch im absoluten Staate gelten, wo es gewiss Niemand in den 
Sinn kommen dürfte, ein solches Ausführungsgesetz zu verlangen. 
Soll der betreffende Einwand überhaupt einen Sinn haben, so 
müsste aus demselben die Consequenz gezogen werden, dass die 
gesetzgebenden Organe verpflichtet seien, bei der Beschluss- 
fassung über das sog. Ausführungsgesetz die Prinzipien des 
Grundgesetzes zur Geltung zu bringen, und in der That scheint 
diese Consequenz den Gegnern vor Augen zu schweben, indem 
sie auf den vermeintlich analogen Fall hinweisen, wo die Ver- 
fassungsurkunden Direktiven für die Gesetzgebung über gewisse 
Gegenstände enthalten, die der gewöhnlichen (laufenden) Gresetz- 
gebung gegenüber als Recht höherer Autorität erscheinen und 
daher von Letzterer respektirt werden müssen ?”), 
Dieser Annahme liegt jedoch ein Missverständniss zu Grunde. 
Alle wirklichen Anordnungen des Gesetzgebers haben die 
2) SEIDLER a. a, O., S. 210, vgl. auch v. Marrırz S. 261 und Zorn, 
Staatsr. a. a. O. 
#7) Z. B.: „der Lehensverband ist aufzuheben“, „die Presse darf nicht 
unter Censur gestellt werden“ etc,
	        
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