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ihnen daher unbeschränkte Geltung zuerkannt werden muss; die
älteren desshalb nicht, weil die durch sie normirten Abgaben
als stabile eingeführt worden sind, daher nicht angenommen
werden kann, dass sich der verfassungsmässige Vorbehalt der
jährlichen Steuerbewilligung auf diese Abgaben beziehe. Der-
selbe kann eben naturgemäss nur jene Abgaben betreffen, die —
sei dies früher oder später geschehen — nicht als stabile, sondern
nur als temporäre eingeführt wurden; wo es solche Abgaben nicht
giebt, ist eben dermal noch kein Objekt für die jährliche Steuer-
bewilligung vorhanden. Die Letztere ist dann eigentlich nicht
das, was ihr Name andeutet, sondern sie kömmt nur als
Bestandtheil des Budgets in Betracht, der mit den
anderen Bestandtheilen des Letzteren juristisch ganz gleichwerthig
ist: es wird durch denselben keineswegs den Staatsbürgern eine
Verpflichtung auferlegt, sondern nur die Erwartung aus-
gesprochen, dass die durch stabile Gesetze eingeführten Ab-
gaben in der Etatsperiode ein bestimmtes Erträgniss liefern
werden. Die Unterlassung einer Aeusserung in der letztgedachten
Richtung kann aber auf die Erhebung der als stabil eingeführten
Abgaben nicht den geringsten Einfluss üben. Wir gelangen
sohin zu dem Schlusse, dass nur jene Abgaben, welche aus-
schliesslich im Finanzgesetze ihren Rechtsgrund finden, beim
Nichtzustandekommen des Letzteren in Wegfall kommen, nicht
aber die durch Gesetz ohne zeitliche Beschränkung eingeführten
Abgaben. In Betreff der Letzteren hat das Nichtzustandekommen
des Budgets noch weniger Bedeutung als in Betreff der Ausgabs-
posten. Denn während bei Letzteren wenigstens eine Verschie-
bung der Beweislast in Betreff der Nothwendigkeit und Nützlich-
keit der gemachten Ausgaben zu Ungunsten der zur Rechnungs-
legung verpflichteten Organe eintritt, hat die Frustrirung des
Etatsgesetzes’in Ansehung der Einhebung der auf stabilen Grund-
lagen beruhenden Staatseinkünfte gar keine rechtliche
Wirkung?®).
2) Ausdrücklich anerkannt ist dies im Art. 109 der preussischen Ver-
fassung. Dieser Artikel ist nicht, wie v. RÖnne, preuss, Staater., I, $$ 65
und69 und ZacHar1ae (a. a. 0. S. 367 u. 378) vermeinen, eine exceptionelle Bestim-
mung, sondern entspricht vollkommen der Natur der Sache. Auch die österr.
Archiv für öffentliches Recht. II. 3. 4. 39