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sondern bei einer Abänderung desselben mitzuwirken. Hat
der Staat seinen Willen wirklich in dieser Richtung geäussert,
so muss es hiebei allerdings sein Bewenden haben, und dann
repräsentirt der in Rede stehende Akt unstreitig ein Gesetz im
materiellen Sinne des Wortes #°). Man wäre aber alsdann doch in
der Lage, zu verhüten, dass etwa aus Unkenntniss des wahren
Sachverhaltes bei Setzung der in den Formen der Gesetzgebung
zu verwirklichenden Verwaltungsakte über bestehende Rechte zur
Tagesordnung übergegangen werde 5°).
) Nämlich ein Privilegium zu Ungunsten Desjenigen, welchem der bis-
herige Rechtszustand zur Seite stand.
#%) Während der Drucklegung des vorstehenden Aufsatzes erschien in
den Wiener „Juristischen Blättern“ (1887 Nr. 7, in Tezner’s Aufsatz „über
die gehörige Kundmachung von Gesetzen nach österr. Verfassungsrechte“) die
Mittheilung einer ÖOontroverse zwischen der österr. Regierung und dem
niederösterr. Landesausschusse, welche die Lehre von den formellen Gesetzen
streift, und daher hier noch kurz erwähnt werden mag. Die Regierung
hatte ein Landesgesetz, mit welchem in einer Gemeinde Canaleinmündungs-
gebühren eingeführt wurden, nur mit einer Einschränkung zur Sanction
vorgelegt und die Einschaltung des solchergestalt sanctionirten Gesetzes in
das Landesverordnungsblatt verfügt. Hiegegen remonstrirte der Landes-
ausschuss, wogegen sich die Regierung zur Rechtfertigung ihres Vorganges
darauf berief, dass es sich vorliegend um kein Gesetz im eigentlichen Sinne
des Wortes, sondern lediglich um einen in den Formen des Gesetzes zu voll-
ziehenden Verwaltungsakt handle. Diese Ansicht theilen wir nicht; übrigens
kam unsere Frage hier gar nicht in Betracht, nachdem doch gerade bei
einem formellen Gesetze die Einhaltung der zum Zustandekommen eines
Gesetzes vorgeschriebenen Form unerlässlich ist.