Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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störungen ein vorwiegendes Gewicht einräumt auf die Bildung 
dessen, was er in Herkommen und Gebrauch als die Einheit des 
Bewusstseins oder instinctiv geübten Rechtslebens bezeichnet, ist 
ein Grundfehler, den er mit so vielen anderen theilt, die das 
Recht merkwürdig genug aus der Furcht vor der Zerstörung, 
oder, wie man es unter Anlehnung an HERBART auszudrücken 
pflegt, aus der Unlust am Streit hervorgehen lassen.“ Dagegen 
wird nun angeführt, dass das Rechtsleben wenigstens zu einem 
Theil geschaffen sein muss, ehe Massregeln zu seinem Schutze 
entstehen können, welche seine Fortbildung ermöglichen; es sei 
damit wie mit dem Schachspiel, dasselbe beruhe auf Regeln wie 
man ziehen solle, nicht auf Regeln, wie man nicht zu ziehen habe. 
Aufbau der menschlichen (xesellschaft, Sicherung der Bewegungs- 
freiheit des Einzelnen sei die functionelle Bedeutung des Rechtes, 
nicht, wie die anderen wollen, Beschränkung der Willensfreiheit 
und Zwang in dem Sinn, dass das Recht unmittelbar in das 
Leben nicht Einigung, nicht Ordnung, sondern ausschliesslich 
Trennung, Scheidung, Abgrenzung hineinträgt. 
Wir können nicht umhin, den Vorwurf, speciell Post gegen- 
über für nicht ganz gerechtfertigt anzusehen. Ist doch sein von 
Anbeginn an consequent festgehaltener Ausgangspunkt die Ge- 
schlechtsgenossenschaft, die Friedensgenossenschaft, mit einer von 
PosT in vielleicht übertriebener Weise hervorgehobenen inneren 
Ordnung. Richtig aber und nicht sowohl Meinungssache als 
Beobachtungsresultat ist das Factum, dass die Rechtsnorm der 
alten Zeit in grosser Regel nicht als positive Vorschrift sondern 
in repressiver Weise zu Tage tritt, die wichtigsten Institutionen 
des Privatrechts sich daher auf dem Boden des Processes ent- 
wickeln. Post hat also ganz Recht gehabt, wenn er diese Seite 
in den Vordergrund stellte.e Man betrachte doch die leges bar- 
barorum, namentlich die ursprünglichsten derselben: Was bildet 
ihren Inhalt? Fast ausschliesslich Bestimmungen gegen das Delikt. 
Von den 65 Titeln der ältesten Redaction der lex Salica sind 
nur drei, namentlich Tit. 46 (De Hac famirem — über die 
Adoption), Tit. 59 (De alodis) und bis zu einem gewissen Grade 
Tit. 60 (De eo qui se de parentilla tollere vult) nicht repressiven 
Inhalts, alle übrigen sollen der Zurückweisung von Verletzungen
	        
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