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konnte in gleichem Maasse wie die Diebstahlsklage Delictsnatur
haben, weil in ursprünglichen Rechtsanschauungen widerrechtliches
Vorenthalten einer Sache und diebisches Behalten sich decken.
Was sonst bei Realverträgen in einem Üontractssystem mit der
Contractsklage (actio directa und contraria) verfolgt wird,
Ersatz für Verlust, Zerstörung, Deterioration der Sache, wurde
ebenfalls als Ausfluss des Delictsanspruchs behandelt und nach
dem Maass der Sachbeschädigung gebüsst.*
Fügen wir hinzu, dass das älteste Familienrecht durchwegs, so-
weit Vaterrecht und Kaufehe vorhanden waren, sachenrechtlichen
Character an sich trägt und demgemäss die Natur des Sachenrechts
theilt, dass auch hier die Delictsklage im Vordergrunde der Rechts-
bestimmungen steht und wir werden wohl jeden Zweifel an dem re-
pressiven Oharacter ältester Rechtssysteme als unzulässig bezeichnen
dürfen. Ihr Inhalt ist dann aber keineswegs Zwang und Beschränkung
der Willensfreiheit, Trennung, Scheidung und Abgrenzung, sondern
umgekehrt Sicherung der Willensfreiheit, welche ja durch positive
Rechtsvorschriften weit mehr als durch repressive gebunden wird.
So viel über die Rolle von Kampf und Streit im Rechte.
Wir möchten nur noch darauf hinweisen, dass auch im öffentlichen
Rechte Analoges stattfindet, indem der Krieg ein Hauptfactor
bei Entstehung neuer Lebens- und Rechtsformen ist. GUMPLO-
wıcz hat schon in frühen Schriften darauf aufmerksam gemacht
und hat, abgesehen von der Frage der Priorität, jedenfalls das
Verdienst die diesbezüglichen Verhältnisse neuerdings dem Kreise
wissenschaftlicher Erörterung einverleibt zu haben.
Zwei weitere Einwände STOERKS (l. c. 568 ff.), richten sich
gegen eine Eigenthümlichkeit, „welche Post mit den meisten
Autoren innerhalb der deutschen sociologischen Litteratur theilt.“
Diese Einwürfe betreffen erstens: Mangel eines entsprechenden
relativen Maasses für den Civilisationsbegriff; Streben nach einem
unerreichbaren absoluten Maass desselben und zum zweiten eine
unbegrenzte Skepsis, für die nichts mehr feststeht als der Wandel,
nichts beständig als der Tod. Für BasTıan, der diesem Fehler
nicht anheimfiel, sind Kindesliebe, Hingebung für die Zwecke der
Gemeinschaft, Regel im Geschlechtsleben, die aus der Gleichung
mit zahllosen Unbekannten mühevoll gewonnenen bekannten Grössen,