— 589 0 —
keit desselben in letzterer Eigenschaft in Anspruch genommen werde. Die
G.’schen Eheleute hatten auch erklärt, dass sie die Kosten ihrer Kur selbst
zu bestreiten im Stande seien. Wenn dessenungeachtet der Amtsvorsteher
zunächst den Dr. H. um ambulante Behandlung derselben, und um Benach-
richtigung, dass dieselbe eingeleitet sei, ersucht, und als dieser Lazarethpflege
für unumgänglich nothwendig erklärte, den Gutsvorsteher veranlasste, die
Aufnahme der G.'schen Eheleute herbeizuführen, so kann nicht bezweifelt
werden, dass der Amtsvorsteher durch sanitätspolizeiliche Rücksichten
zu seinem Vorgehen bestimmt ist.“
Das erste Urtheil, durch welches der Beklagte zur Erstattung der
Pflegekosten verurtheilt war, ist demgemäss, weil ein armenrechtlicher Pflege-
fall nicht vorliege, abgeändert und auf Abweisung erkannt worden. Es heisst
dann weiter:
„Diese Entscheidung steht auch keineswegs im Widerspruch mit dem in
Sachen Beuthen wider Beuthener-Schwarzwald gefällten Urtheil des Bundes-
amts vom 26. September 1885. Denn in letzterer Sache hatte die Polizei-
behörde von Beuthener-Schwarzwald es abgelehnt, die Kur der syphilitisch
erkrankten Frauensperson in die Wege zu leiten, und als auch der dortige
Armenverband sich dessen weigerte, im Aufsichtswege veranlasst, dass die
Kur auf Kosten des letzteren zur Ausführung gelangte (Awangsmaassregel
gegenüber einem Armenverband), während im vorliegenden Falle die
Polizeibehörde von vornherein pflichtgemäss die Unterbringung der G.’schen
Eheleute in das Krankenhaus herbeigeführt hat. (Zwang gegen die Per-
son der G.’schen Eheleute). —
3. Zu $ 12 des Preuss. Ges. vom 13. März 1878.
Der auf $ 12 des Preussischen Gesetzes vom 13. März 1878 begrün-
dete Anspruch gegen den Armenverband des Unterstützungswohnsitzes wegen
Erstattung der Kosten der Einlieferung und Bekleidung der im Wege der
Zwangserziehung unterzubringenden verwahrlosten Kinder kann nicht im
armenrechtlichen Streitverfahren geltend gemacht werden.
Der $ 7 des Preussischen Gesetzes vom 13. März 1878 betr. die Unter-
bringung verwahrloster Kinder (G.-S., S. 132) verpflichtet die Provinzial-
verbände bezw. kommunalständischen Verbände Wiesbaden und Kassel auf
Grund des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts die Unterbringung ver-
wahrloster Kinder in eine geeignete Familie oder in eine Erziehungsanstalt
in einer dem (Gesetze entsprechenden Weise herbeizuführen. Der $ 12,
Abs. 2 bestimmt:
„Die Kosten, welche durch Einlieferung in die Familie oder Anstalt
und die dabei nöthige reglementsmässige erste Ausstattung des Zöglings und
durch die Rückreise des Entlassenen erwachsen, fallen dem Ortsarmenverbande,
in welchem der Zögling seinen Unterstützungswohnsitz hat, alle übrigen
Kosten des Unterhalts und der Erziehung, sowie der Fürsorge bei Beendi-
Archiv für Öffentliches Recht. D. 3. 4. 39