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die Schutzgebiete übertragenen Privat-, Straf- und Prozessrechtes
fallen. Insbesondere gilt, was aus Veranlassung eines besonderen
Falles bekanntlich vor einiger Zeit in Frage gestellt wurde, das
Reichsgesetz vom 4. Juli 1872 betreffend den Orden der Gesell-
schaft Jesu?) in den Schutzgebieten nicht. Es ergibt sich dies
nicht nur aus den allgemeinen Grundsätzen, über die bereits ge-
sprochen ist, sondern auch daraus, dass das Gesetz den Orden
der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden und ordens-
ähnlichen Kongregationen ausdrücklich nur „vom Gebiete des
Deutschen Reichs“ ausschliesst, zu dem die Schutzgebiete nicht
gehören. Dagegen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der
Kaiser wie die von ihm beauftragten Organe über die Beziehungen
von Staat und Kirche für die Schutzgebiete Anordnungen zu
treffen befugt sind. Es ist natürlich, dass sie sich hierbei an
die im Mutterlande geltenden gesetzlichen Bestimmungen mög-
lichst anlehnen. Im übrigen muss die weitere Entwicklung der
kirchlichen Verhältnisse in den Schutzgebieten der Verwaltungs-
praxis der Kolonialbehörden überlassen bleiben. Als oberster
Grundsatz lässt sich jetzt nur das unbeschränkte Verordnungs-
recht des Kaisers feststellen, das auch auf diesem Gebiete un-
bedingt durchgreift, soweit das Landesrecht nicht im Wege steht.
Nur für das Freihandelsgebiet des Kongo, innerhalb dessen
Deutsch-Ostafrika zum grössten Theile liegt, ist die freie Aus-
übung aller Kulte und der Missionsthätigkeit durch Art. 6 der
Generalakte der Berliner Konferenz verbürgt.
2) R.G.Bl. 1872, S. 253.