Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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dass sie sich leichter und mit geringeren Bedenken als andere 
Völker über die Grenzen hinauszusetzen wagten, die sie hätten 
einhalten müssen, wenn sie sich streng auf den moralischen oder 
auch nur privatrechtlichen Standpunkt hätten stellen wollen. 
So sind sie ohne besonders peinigende Gewissensbisse in den 
Vernichtungskrieg gegen die halbwilden Ureinwohner ihres Landes, 
die Indianer, gezogen, in dessen einzelnen Phasen sie nicht 
immer die Civilisation in einer für diese besonders empfehlenden 
Weise vertreten haben, und so haben sie auch von anderen, 
schwächeren Völkern Eroberungen gemacht, bei denen sie sich 
nicht immer durch einen besonders peinlichen Gehorsam gegen 
die Gebote des Völkerrechtes ausgezeichnet haben. Als die ent- 
schiedenste Forderung aber, welche das „manifest destiny“ er- 
heischt, tritt ganz offenbar die Sorge für die Erhaltung der Union 
zu allen Zeiten hervor; das zeigt sich auch beispielsweise in der 
politischen Thätigkeit Carnoun’s, der auch seinerseits solange, 
als es ihm irgend mit seinen besonderen Zwecken vereinbar schien, 
für den Bestand der Union in die Schranken trat und erst als 
er einzusehen glaubte, dass diese Zwecke auf diese Weise un- 
erreichbar seien, die Lehre von der Sezession zu entwickeln be- 
gann. Aber so scharfsichtig auch dieser Staatsmann war, er 
vergass, dass gerade bei der allgemeinen Ueberzeugung, der 
Jackson in seinem Worte: „the union shall and must be pre- 
served“ den populärsten Ausdruck gegeben hatte, eine Sezession 
als solche schlechthin undenkbar war, dass diese vielmehr noth- 
wendigerweise zum Bürgerkrieg führen und dessen Ergebniss 
entweder — wenn die freien Staaten siegten — die Aufhebung 
der Sklaverei im gesammten Gebiete der Union, oder — wenn 
die Sklavenhalterpartei sich als die stärkere erwies — die Ein- 
führung der Sklaverei in diesem gesammten Gebiete sein müsse. 
Freilich konnte sich im Grunde kein ehrlicher und unbefangener 
Kopf darüber täuschen, auf welche Seite der Wage das Zünglein 
schliesslich neigen müsse; denn das System der „freien Arbeit“ 
an sich war offenbar auch eine Forderung, welche verwirklicht 
werden musste, wenn anders das amerikanische Volk seinem welt- 
geschichtlichen Berufe sollte entsprechen können. Eine moderne 
demokratische Republik mit der Negersklaverei in voller Blüthe 
war eine Karrikatur, allzu lächerlich, um einen ernsten Menschen 
an ihre Dauer glauben zu machen. So standen denn eigentlich
	        
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