Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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welche nicht ausdrücklich der Unionsregierung oder den Partikular- 
regierungen übertragen worden sind, „dem Volke“ vorbehalten 
bleiben; diese Bestimmungen aber stehen mit dem übrigen In- 
halte der Konstitution wenig in Einklang, denn diese letztere 
muss begrifflich eine souveräne, d. h. eine Staatsgewalt schaffen, 
die alle durch die Natur des Staates bedingten Hoheitsrechte 
zu üben im Stande ist; Rechte, die dieser aus der Bundesregie- 
rung und der Gesammtzahl der Einzelregierungen bestehenden 
Gewalt nicht übertragen sind, lassen sich also gar nicht denken, 
Art. IX und X haben daher auch ihrerseits keine weitere juristi- 
sche Bedeutung: sie sind Ergebnisse einer Zeit, in der das Ver- 
langen nach Sicherung der Menschenrechte und nach Anordnung 
einer unbedingten, aber in streng juristischem Sinne gar nicht 
definirbaren Volkssouveränetät so sehr an der Tagesordnung 
waren, dass man diese Ideen durchaus in einer Verfassungs- 
urkunde, die für freiheitlich gelten sollte, ausgesprochen wissen 
wollte, und die klarer denkenden Köpfe sich nicht veranlasst 
fühlten, gegen diesen Zug ihrer Zeit allzu kräftig Widerspruch 
zu erheben, weil sie das Bewusstsein hatten, dass sich aus einer 
allgemeinen Formulirung dieser Grundsätze auf dem Papiere nen- 
nenswerthe Nachtheile kaum ergeben könnten. 
Im Anschlusse an die „grundliegenden Prinzipien“ behandelt 
v. Hoısr sodann die „Organisation der Bundesregierung“ und 
hier wieder zunächst die Stellung der drei Departements oder, 
wie man auch zu sagen pflegte, der drei Gewalten, nämlich der 
gesetzgebenden, der ausführenden und der richterlichen, die aller- 
dings nach der übereinstimmenden Ansicht aller Mitglieder in 
der konstituirenden Konvention zu Philadelphia einander gleich 
geordnet sein sollen. Ueber die Nothwendigkeit bezw. Zweck- 
mässigkeit dieser Gleichstellung ist seit jeher so viel geredet und 
in der publizistischen Literatur aller Völker so viel geschrieben 
worden, dass man jedes weitere Wort darüber hier sparen kann. 
Auch v. Horst scheint sich zu den begeisterten Anhängern dieser 
Theorie zu rechnen; ob aber eine derartige Dreitheilung eine 
befriedigende juristische Konstruktion verträgt, möchte doch bil- 
ligerweise nach dem heutigen Stande der Staatsrechtswissenschaft 
recht zweifelhaft sein; und thatsächlich findet sich in dem 
Wortlaute der Konstitution auch nicht das Geringste darüber 
gesagt, dass jene „Gleichstellung“ bezw. eine dadurch bedingte
	        
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