Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Gewalt“ nach einer andern, von v. Horst überhaupt nur einınal 
gelegentlich und andeutungsweise erwähnten Seite hin, insofern 
nämlich, als derselben nach der allgemeinen Anschauung der 
amerikanischen Praxis wie Literatur zusteht, die Verfassungs- 
mässigkeit der Gesetze, d. h. nicht nur die — allenthalben der 
gerichtlichen Kognition zu unterwerfende — Frage zu prüfen, 
ob ein bestimmter Akt, der die Bedeutung eines Gesetzes für 
sich in Anspruch nimmt, auch thatsächlich in verfassungsmässiger 
Weise, d. h. durch gehöriges Zusammenwirken aller dazu be- 
rufenen Faktoren zu Stande gekommen ist, sondern auch zu unter- 
suchen, ob ein solcher Akt seinem materiellen Inhalte nach der 
verfassungsmässig begrenzten Machtsphäre der Unionsregierung 
entspricht oder dieselbe etwa überschreitet; namentlich aber auch, 
ob etwa bei Erlass eines Gesetzes der Kongress eine Kompetenz 
usurpirt hat, welche verfassungsmässig den Einzelstaaten zusteht. 
Die hieraus zu folgernde Machtvollkommenheit der richterlichen 
Gewalt, jedes vom Kongresse erlassene Gesetz betreffenden Falles 
für nichtig zu erklären, wird im wesentlichen gefolgert aus der 
schon anderweit besprochenen „Gleichstellung der Departements“ 
und führt in praxi zu Zuständen, die man — so sehr sie auch 
das Lob der amerikanischen Juristen herausfordern — doch kaum 
für nachahmenswerth wird erklären können und die nach Mög- 
lichkeit einzuschränken, unbedingt als die Aufgabe eines geregelten 
Staatswesens erscheinen muss. Eine derartige Einschränkung lässt 
sich nun aus der Konstitution bezw. einer in der amerikanischen 
Jurisprudenz ganz allgemein vertretenen Auffassung der ein- 
schlägigen Verfassungsbestimmungen (Art. II S. 1) sehr wohl 
herleiten. Hier heisst es nämlich, dass die richterliche Gewalt 
der Vereinigten Staaten einem Obersten Gerichtshofe und solchen 
Untergerichten zustehen soll, wie sie der Kongress einzurichten 
für gut finden würde. Daraus folgert man nun, dass das Ober- 
gericht (supreme court of the U. S.) allein seine Befugnisse aus 
der Konstitution herleite und diese demgemäss qualitativ ver- 
schieden seien von denjenigen der übrigen Gerichte, die ledig- 
lich dem Belieben des Kongresses ihr Dasein bezw. ihre Kom- 
petenz verdanken. Diese Anschauung kann nun an sich durchaus 
nicht für gerechtfertigt erklärt werden, denn die richterliche Ge- 
walt muss zweifellos in allen Instanzen nach den nämlichen 
Grundsätzen der Urtheilsfindung geübt werden, ist aber doch in-
	        
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