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rig, denn die Thronbesteigung des nächstberechtigten, aber min-
derjährigen Thronerben hätte wieder eine Regentschaft nöthig
gemacht; eine solche Regierungsweise war aber verhasst gewor-
den und galt für staatsgefährlich. So lautete die öffentliche
Meinung des Landes, und sie war auch gewiss ganz im Recht.
Die Zufriedenheit und Freude des ganzen Landes über den voll-
zogenen Thronwechsel war wirklich Wahrheit. — Die Apologie des
Thronwechsels von 1741 in den Manifesten ist nur ein schwacher
Abglanz der Rhetorik eines Procorowicz, es ist aber die nämliche
Anlage bemerkbar.
Auf eigene Leibeserben verzichtend, ernannte die neue Kai-
serin alsbald ihren genannten Neffen aus älterer Linie, den nach-
maligen Kaiser Prrer Ill, zum Thronfolger, als „nächsten
Blutsverwandten der Kaiserin“. Als Prrer III. den Thron be-
stieg, liess er sich von den Unterthanen den Treueid auch für
die Thronfolger schwören, die er nach seinem Ermessen zu
bestimmen für gut befinden würde. Wir begegnen hier also
einer thatsächlich ganz bestimmten Bezugnahme auf das Petri-
nische Throngesetz von 1722.
Karuarına II. nahm den Thron an Stelle ihres Sohnes Pavu
für sich in Anspruch und bestimmte gleichzeitig diesen zum
gesetzlichen Thronerben. Sie berief sich gar nicht auf juris-
tische Titel (auf Verwandtschaft, Testament u. dgl.); im Thron-
besteigungsmanifest erklärte sie vom Thron Besitz genommen
zu haben (ähnlich wie Erısaser# im ersten Theil ihrer Begrün-
dung), weil die Staatsreligion und die Sicherheit, das Ansehen
und die Selbständigkeit des Staates in grosser Gefahr gewesen
seien.
Es hat sich das stark geglaubte Gerücht aus jener Zeit
erhalten, dass Karaarına Il., die an ihrem Sohne einen Gegner
ihres Systems kannte, ihn später testamentarisch von der 'Thron-
folge habe beseitigen wollen; zur Wahrheit wurde der gemuth-
masste Plan nicht. Auch sonst ist das Gerücht keineswegs