I.
Wenn wir zunächst einen Blick werfen auf das, was neuere
Untersuchungen auf dem Gebiete des römischen Rechts hier zu
Tage gefördert haben, so dürfte das nicht zu weit ausgeholt sein.
Der Staat der römischen Republik ist dem unsrigen von heutzu-
tage verwandter als der Feudal- oder Patrimonialstaat. Nur
entwickeln sich dort aus dem gleichen Begriff alle Folgerungen
ungemildert und ungebrochen in klassischer Reinheit.
Zwischen dem römischen Staate und seinen Bürgern gilt
nicht das jus civile, noch die bürgerliche Rechtspflege. Auch
im einfachen, vermögensrechtlichen Verkehre macht sich die
majestas populi Romani noch bemerkbar. Der gleiche wirth-
schaftliche Stoff mag die Rechtsverhältnisse zwischen dem Staate
und dem Einzelnen erfüllen, wie die zwischen den Einzelnen
unter sich: das Rechtsverhältniss selbst ist im ersteren. Falle
jedesmal ganz anderer und zwar öffentlichrechtlicher Natur. So
entsteht neben dem System der Privatrechtsinstitute ein „corre-
spondirendes“ System von Verwaltungsrechtsinstituten: Eigen-
thum, Freilassung, Forderung, Schuld u. s. w. finden sich sowohl
im Gemeindevermögensrecht, als im Privatvermögensrecht, aber
in einer „völligen Ungleichheit der Ausprägung“ ?).
Unter diesen Rechtsinstituten des öffentlichen Rechts er-
scheinen auch Verträge, die Namens des Staates abgeschlossen
werden. Das Amt, welches mit der Führung des Gemeindehaus-
halts vorzugsweise betraut ist, das des Censor, bietet die Haupt-
anwendungsfälle und die censorischen Verträge sind der
Mittelpunkt der Lehre. Was von diesen zu sagen ist, gilt aber
im Wesentlichen gleichmässig von den anderen öffentlichrecht-
lichen Verträgen, insbesondere von dem allen Magistraten gemein-
?) Mommsen, Röm. St.-R. I, S. 162 ff.; derselbe in Ztschft. f. Rechtsgesch.
N. F.. VL S. 260 ff. Ebenso HryYRovsKkY, Ueber die rechtliche Grundlage der
leges contractus, $. 15; PERNICE in Ztschft. f. Rechtsgesch. N. F. V,S. 2fl.