Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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Unterstützungswehnsitz erwerben durfte, sofern nur dieser Erwerb 
hauptsächlich durch längere Zeit hindurch fortgesetzten Aufenthalt 
bedingt war, eine einfache Konsequenz nicht schon der Errichtung 
des Bundesstaates, sondern gerade des erst durch das Freizügigkeits- 
gesetz den Bundesangehörigen gewährten Aufenthalts- und Nieder- 
lassungsrechts im ganzen Bundesgebiete. Dieses Recht war durch 
das Indigenat des Art. 3 der Bundesverfassung noch nicht gewährt 
worden *), und der negative Inhalt des Abs. 1 jenes Verfassungs- 
artikels ist seitdem in Bezug auf Person und Eigenthum vertrags- 
mässig sogar mit dem Auslande vereinbart worden °). 
Während aber jeder Staat dem verarmten und hülfsbedürftigen 
Ausländer den Aufenthalt einseitig versagen kann, statuirte das Frei- 
zügigkeitsgesetz dem hülfsbedürftig gewordenen Bundesangehörigen 
gegenüber eine Pflicht der Aufenthaltsgemeinde, ihn auch in diesem 
Zustande ferner zu dulden, wenn sein Niederlassungsrecht durch hin- 
reichenden Gebrauch in einer bestimmten Gemeinde zu einem defini- 
tiven Wohnrecht geworden war, insofern er desselben in armenrecht- 
licher Beziehung höchstens durch gesetzlich fixirten Nichtgebrauch 
wieder verlustig gehen konnte, oder um mit dem Sprachgebrauch zu 
reden, wenn in seiner Person ein kraft Landesgesetzes ohne Mitwir- 
kung der Gemeinde vor sich gehender Erwerb des Unterstützungs- 
wohnsitzes oder des Heimathrechts eingetreten war. In letzter Linie 
war dann, wenn in einem Rechtsgebiete die Armenfürsorgepflicht 
lediglich auf der Gemeindeangehörigkeit beruhte, zugleich aber aus- 
nahmsweise die Gemeindeangehörigkeit selbst durch längeren ununter- 
brochenen Aufenthalt erworben werden konnte, die Wirkung des 
längere Zeit hindurch ausgeübten Niederlassungsrechts nicht zu um- 
gehen, dass die Armenfürsorgepflicht der Wohngemeinde einem Bundes- 
angehörigen gegenüber auch auf Grund des zur Erlangung der Ge- 
meindeangehörigkeit führenden ununterbrochenen Aufenthalts einzu- 
treten hatte. Deshalb wurde im $ 11, Abs. 2 des Fr.G. auch der 
Erwerb der Gemeindeangehörigkeit dem des Heimathrechts zur Seite 
*) Vergl. Lasanp, Das Staatsrecht des deutschen Reichs I. S. 177, 
Anm. ]. 
°) Art. 1 des Niederlassungs-Vertrages zwischen dem Deutschen Reiche 
und der Schw. Eidgenossenschaft v. 27. April 1876. R.G.Bl. 1877, S. 3, 
Art. 1-3 des Handels- und Schiffahrts-Vertrages mit Spanien v. 12. Juli 
1883. R.G Bl. S. 307.
	        
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