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gestellt °). Dass voraussichtlich die altpreussischen Provinzen mit dem
bei gehöriger polizeilicher Meldung nur durch einjährigen Aufenthalt
bedingten Rechtsinstitute des Unterstützungswohnsitzes von der armen-
rechtlichen Wirkung des im Freizügigkeitsgesetze gewährten vollen
Aufenthalts- und Niederlassungsrechts am härtesten betroffen werden
mussten, kam bei den Debatten des Norddeutschen Reichstages über
den jetzigen $ 9 Fr.G. zum Ausdruck’). Die Bestimmungen des
letzteren Paragraphen beseitigen jeden Zweifel über die Auffassung
des $ 11, Abs. 2, indem sie, allerdings unbekümmert um die Mög-
lichkeit durchgängig wechselseitiger Geltendmachung durch die Neben-
anderstellung der Worte „Unterstützungswohnsitz“ und „Heimathrecht“
ausdrücklich an Stelle der bisherigen zwischenstaatlichen Beziehun-
6) Das Fr. G. hatte hier namentlich das hannöversche Recht im Auge,
Abgesehen von Ostfriesland und von der auf die sogenannten Amtsneben-
anlageverbände fallenden Armenlast war in Hannover die Gemeindeange-
hörigkeit für die Verpflichtung zur Armenfürsorge entscheidend. Vergl.
EmmincHAUs, Das Armenwesen und die Armengesetzgebung in europäischen
Staaten, S. 98 ff. Gemeindeangehörigkeit und definitiv erworbenes Wohn-
recht sind nach $ 35 der rev. Städteordnung v. 24. Juni 1858 und nach
$ 8? Ges. v. 28. April 1859 die Landgemeinden betreffend, identisch. Die
bei StoLr, „Die Gemeindeverfassungen‘, Bd.6, S.235 abgedruckte Bekannt-
machung des Ministers des Innern, die Regelung der Verhältnisse der Land-
gemeinde betreffend, betrachtet anlässlich der Bildung von Sammtgemein-
den, Wohnrecht und Armenlast als Correlate. Nach der Domicil-Ordnung
v. 6. Juli 1827 wird das Wohnrecht oder die Gemeindemitgliedschaft in
Stadt und Land auch durch bleibenden Aufenthalt erworben, wenn Jemand
sich mit der Absicht, sich dauernd niederzulassen fünf Jahre hindurch in
einer Gemeinde ununterbrochen aufhält und seinen eigenen Hausstend
führt, so dass die Gemeinde, oder in den Städten die Obrigkeit eine Kennt-
niss davon hat erlangen können und seine Absicht, einen bleibenden Wohn-
ort zu nehmen, deutlich gewesen ist. Eine Zusammenstellung der Armen-
und Gemeindegesetzgebung der meisten Rechtsgebiete des Norddeutschen
Bundes befindet sich in der Deutschen Gemeindezeitung von 1867, S. 537,
549, 557, 582 und von 1868, S. 77. 89, 101.
?) Arnoı.pr, Die Freizügigkeit und der Unterstützungs- Wohnsitz, S. 54 ff.
Es war unnöthig, dass bei diesen Debatten hervorgehoben wurde, dass der
Erwerb des altpreussischen einjährigen Unterstützungswohnsitzes nach der
Auslegung der Praxis auch Ausländern zu Theil werde, da jetzt nach $ 2
Fr. G. für den Bundesangehörigen diese Consequenz des Niederlassungsrechts
lediglich aus der Bundesangehörigkeit folgte.