Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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gewinnt er für die Bestimmung des Bundesstaatsbegriffes insofern 
eine feste Grundlage, als sich von seinem Standpunkte aus alle Con- 
structionen als unannehmbar erweisen, welche entweder auf einer ge- 
theilten Souveränetät oder auf der Unterordnung einer nicht souveränen 
Gliedstaatsgewalt unter die souveräne Gesammtstaatsgewalt beruhen. 
Nachdem er die verschiedenen in dieser Richtung unternommenen 
theoretischen Versuche dargelegt und einer scharfsinnigen Kritik unter- 
zogen hat, kommt er zur Darlegung seiner eigenen Ansicht, die im 
Wesentlichen mit der Theorie Zorn’s in Uebereinstimmung steht, dass 
der Begriff des Staatenstaates ganz zu verwerfen sei, dass es auch 
im Bundesstaat nur eine einzige Staatsgewalt gebe, dass die sogenannten 
Gliedstaaten gar keine Staaten sind, sondern nur Organe und Ein- 
richtungen des einheitlichen Staates und dass dieselben von Communal- 
verbänden sich dadurch unterscheiden, dass sie an dem Zustande- 
kommen des staatlichen Willens betheiligt sind. Von dieser Theorie 
aus entwickelt er den Rechtscharakter des Bundesstaates, das Ver- 
hältniss desselben zu den Bundesgliedern, die Vertheilung der Zu- 
ständigkeit, die Staats- und Bundesangehörigkeit und die Grenzlinie 
einerseits gegen den Staatenbund, andererseits gegen den Einheits- 
staat. Dass in allen diesen Beziehungen die positiven Verfassungs- 
bestimmungen und Rechtszustände der Schweiz besondere Berück- 
sichtigung gefunden haben, ergibt sich aus dem oben dargelegten 
Zweck des Buches. Wenngleich der Verfasser keine eigentlich neuen 
und eigenartigen Gesichtspunkte entwickelt, so ist seine Schrift doch 
von Werth, theils wegen der Vollständigkeit und Uebersichtlichkeit, 
mit welcher er die neueren Bundesstaatstheorien darstellt, theils wegen 
der kritischen Beleuchtung derselben. Freilich ist auch für die letztere 
das Material zum grössten Theile aus den neueren deutschen Schriften 
entnommen, aber es ist nicht nur in sehr geschickter Weise gruppirt 
und verwerthet, sondern auch durch selbständige Erörterungen er- 
gänzt. Wir verweisen in dieser Beziehung beispielsweise auf die 
scharfsinnige und durchaus zutreffende Widerlegung der von GIERKE 
entwickelten Theorie, welche der Verfasser ohne Anlehnung an eine 
deutsche Untersuchung erbracht hat. Ebenso ist es dem Verfasser 
gelungen, die von Zorn aufgestellte Ansicht, obwohl er derselben im 
Allgemeinen beistimmt, in mehreren Punkten zu verbessern. Mehr 
Gewicht aber als auf dergleichen Einzelheiten ist, wie ich glaube, 
darauf zu legen, dass die vorliegende Schrift, weil sie in französischer 
Sprache verfasst ist, wesentliche Dienste leisten wird, um die wissen-
	        
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