Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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Grundprinzip der Regelung der Staatsbürgerschaft, nämlich das 
Prinzip der Exklusivität der Staatsbürgerschaft nicht anerkennt ®, 
wie dies sich im österreichischen Rechte auch in anderer Richtung 
manifestiert. 
In der Beurteilung des Verhältnisses der beiden Staatsbürger- 
schaften zu einander besteht demnach ein fundamentaler Gegen- 
satz zwischen dem Standtpunkte des österreichischen und unga- 
rischen Rechtes. Denn während das österreichische Recht die un- 
garische Staatsbürgerschaft nicht für ein fremdes staatsrechtliches 
68 Siehe die gegenteilige Auffassung KARMINSKIS: 2.2.0. S. 12 u. 82. 
6 In erster Linie muß diesbezüglich die naturalisierende Wirkung der 
Anstellung im Öffentlichen Dienste (Allg. öst. bürgerl. Gesetzbuch $ 29) 
hervorgehoben werden, wodurch den Ausländern der Eintritt in österreichi- 
schen Staatsdienst ohne Aufgeben ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft ermög- 
licht wird. Das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 schreibt zwar 
als Bedingung der Aemterfähigkeit die Österreichische Staatsbürgerschaft 
vor (Art. II), die Praxis betrachtet aber den Eintritt in den öffentlichen 
Dienst trotzdem auch heute noch als eine Art der Erwerbung der öster- 
reichischen Staatsbürgerschaft. (HERRNRITT: a.a. O. S. 80; ÜULBRICH: 
2.2.0. S. 182; MAYRHOFER: a. a. O. Bd. Il, S. 922). Auch die praktischen 
Konsequenzen des Prinzipes der Exklusivität der Staatsbürgerschaft wer- 
den im österreichischen Rechte nicht gehörig berücksichtigt. So wird bei 
der Aufnahme in den österreichischen Staatsverband der Nachweis der 
Entlassung aus dem bisherigen Staatsverbande nicht gefordert (MAYRHOFER: 
8.2. O. S. 927), andererseits aber wird auch die Erwerbung einer fremden 
Staatsbürgerschaft nicht an sich als Titel für den Verlust der österrei- 
chischen Staatsbürgerschaft angesehen, sondern kommt nur als ein Fall 
der unbefugten Auswanderung in Betracht. Wir weisen weiters darauf 
hin, daß im österreichischen Herrenhause auch Ausländer Sitz und Stimme 
haben. So ist der jeweilige Fürstbischof von Breslau, der regelmäßig preus- 
eischer Untertan ist, weiters der regierende Fürst von Lichtenstein, Mitglied 
des österreichischen Herrenhauses (KARMINSEI: 2.2.0. 8.15), worin wir 
auch einen, wenngleich nur ausnahmsweisen Fall der doppelten Staats- 
bürgerschaft erblicken müssen. Unter den Institutionen des älteren öster- 
reichischen Rechtes weisen wir besonders auf die, im $29 des allg. öst. 
bürgerl. Gesetzbuches statuierten Erwerbsarten, auf die Erwerbung der 
österreichischen Staatsbürgerschaft durch Gewerbebetrieb, sowie durch 
zehnjährigen Aufenthalt hin, welche Erwerbsarten in der Praxis gleichfalls 
zur mehrfachen Staatsbürgerschaft führten.
	        
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