Die Friedenspräsenz des Deutschen Heeres und
das Recht des Reichstags.
Von
Dr. jur. L. v. Savıonr.
I.
Einleitendes }).
Seit dem Ausgange des Mittelalters bemerken wir eine
stetige Fortentwicklung auf dem Gebiete des Heerwesens in
allen europäischen Staaten. Je grösser der Raunı war, den man
anfing im Staatenleben der auswärtigen Politik einzuräumen,
desto mehr musste auch gerade bei den massgebenden Staaten
des Continents das Bedürfniss nach einer starken, zur Aktion
jederzeit bereiten Kriegsmacht wachsen. So folgt auf das Va-
sallenheer der Lehensepoche das stehende, geworbene Heer;
und so kommt es, dass bald auch das Werbesystem den Bedarf
nicht mehr deckt, und das Princip zum Durchbruch gelangt,
dass der Landesherr von der Bevölkerung des Landes auch die
für sein Heer erforderliche Mannschaft zu fordern berechtigt
ist. Seinen Ausdruck findet dieses Princip in dem neben dem
Werbesystem ergänzend angewandten System der Conscription.
!) Vgl. Lorenz v. Stein, Die Lehre vom Heerwesen als Theil der
Staatswissenschaften, S. 46 ff.; M. Sevper, Das Kriegswesen des deutschen
Reiches (Hırra’s Annalen 1875, S. 1431 ff.); BLuntsoati, Allgemeines Staats-
recht, $. 270 ff.