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Verfassung vorgesehenen Etatsgesetzes, die Regierung jedoch
leistete die erforderlichen Ausgaben ausseretatsmässig, wozu ihr
Art. 109 d. Verf., der die Einnahmen auch ohne die formelle
Ermächtigung des Etatsgesetzes sicherte, die Mittel gab.
Indem beide Theile an ihrem Standpunkte festhielten, wurde
der Streit bis zum Ausbruche des Krieges von 1866 fortgesetzt.
Die Erfolge dieses Krieges riefen eine versöhnlichere Stimmung
hervor und erleichterten es der Regierung, die Beendigung des
Streites durch die Vorlage des sogenannten Indemnitätsgesetzes
anzubahnen, in welchem das Budgetrecht des Art. 99 anerkannt
war. Dieser Vorschlag wurde von der Mehrheit des Abgeord-
netenhauses angenommen und somit der Conflikt formell bei-
gelegt.
Wenn auch im Laufe der Zeit die ursprüngliche Differenz
zwischen Regierung und Abgeordnetenhaus in den Hintergrund
trat und die das ganze Staatsleben umfassende Frage des Budget-
rechts das Streitobjekt bildete, so ist doch nicht zu vergessen,
dass den Ausgangspunkt des Streites die Frage nach dem Um-
fang der parlamentarischen Befugnisse bezüglich des Heerwesens
bildete, und speciell die behauptete Befugniss des Parlaments
bei der Feststellung der Friedenspräsenz des Heeres mitzuwirken,
den ersten Anlass zum Conflikt bot. Und diese Frage blieb
auch nach der formellen Versöhnung eine brennende.
Die Regierung betrachtete jede Einflussnahme des Parla-
ments hierauf mit dem grössten Misstrauen, während bei der
damals die öffentliche Meinung beherrschenden liberalen Partei
die durch keinerlei gesetzliche Schranken gehinderte jährliche
Fixirung der Friedenspräsenzstärke als wesentlicher Theil des
Budgetrechts galt.
Diese principielle Verschiedenheit der Auffassungen musste
nun bei Feststellung der Verfassung des norddeutschen Bundes
zum Ausdruck kommen.
Das Streben der verbündeten Regierungen ging dahin, nicht