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ausgebildet, im Norddeutschen Bunde praktisch zu verwirk-
lichen.
Jährliche Feststellung der Friedenspräsenz, unbeschränkte
Freiheit in der Bewilligung des Heeresetats auf der einen Seite;
dauernde Feststellung der Friedenspräsenz durch die Verfassung
und eisernes Pauschquantum auf der anderen Seite: das waren
die beiderseits als dem Staatswohl unentbehrlich bezeichneten
Forderungen.
Andererseits bestand, trotz dieses principiellen Auseinander-
gehens, die Absicht, eine positive Einigung hinsichtlich der Ver-
fassung zu Stande zu bringen, und diese drängte beide Theile
auf den Weg des Compromisses.
Diesem Compromisse nun verdanken die Grundlagen unseres
heutigen Bechtszustandes ihre Entstehung. Hieraus lässt sich
der vielfach störend hervortretende Mangel an Klarheit und
Consequenz in den einschlägigen Bestimmungen erklären, darum
scheint auch mehrfach eine Forın gewählt zu sein, welche nicht
nur verschiedene Deutungen zulässt, sondern geradezu den Ein-
druck einer beabsichtigten Unklarheit macht. Bei der Annahme
der deutschen Reichsverfassung scheute man sich allgemein,
diesen wunden Punkt zu berühren, so dass die theilweise ver-
alteten provisorischen Bestimmungen auch in der Verfassung
des Deutschen Reiches einen Platz fanden.
Versuchen wir nun die Rechte und Pflichten, welche die
so zu Stande gekommenen Bestimmungen der Reichsverfassung
dem Reichstage mit Bezug auf die Friedenspräsenzstärke des
Reichsheeres zutheilen, in Folgendem kurz darzustellen.
IM.
Rechte des Reichstags aus Art. 60 der Reichsverfassung.
Jedes Heer setzt sich zusammen aus den Cadres und der
Füllung, welche diese Rahmen durch Mannschaften erhalten.