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Endlich wurden die in verschiedenen Stadien der Verhand-
lung eingebrachten Anträge v. MoLTkz und STOLBERG, welche
klar eine dauernde Feststellung der Friedenspräsenzziffer ein-
führen wollten, abgelehnt.
Andererseits vermied man aber, dem Antrag eine solche
Fassung zu geben, dass eine jährliche Normirung als die einzig
zulässige hätte erscheinen können.
Darum wurde auch das zu demselben Artikel gestellte
Amendement Duncker, welches „ein jährliches Gesetz über die
Gesammtzahl der Aushebung zum Kriegsdienste“ forderte, bei
der Abstimmung mit grosser Mehrheit verworfen.
Gerade die alle Arten der gesetzlichen Feststellung der Frie-
denspräsenzstärke zulassende Form war es, welche das Amende-
ment ForcKEnBELK sowohl der Regierung als auch den Gegnern
annehmbar machte. Jede Partei war zufrieden, dass das Amen-
dement die Einigung für die Gegenwart ermöglichte, ohne der
Zukunft zu präjudiciren, vielmehr zu der Hoffnung berechtigte,
bei der in ruhigeren Zeiten erwarteten definitiven Regelung
die Parteiwünsche durchzusetzen.
Diesem Gedanken, welcher unzweifelhaft bei Normirung des
Art. 60 der Reichsverfassung massgebend war, gab wohl den
treffendsten Ausdruck der Abgeordnete Braun?!) (Wiesbaden),
wenn er mit Bezug auf den Antrag Forckengeck sagte: „Ich
glaube, wir haben nicht den Conflikt vertagt, wir haben die Lösung
vertagt und das Provisorium bringt uns den Zustand der defini-
tiven und vollständigen Lösung, den wir in dem gegenwärtigen
Augenblick durch unseren Antrag anzubahnen suchen ??).*
Das Studium der Entstehungsgeschichte dieser Verfassungs-
bestimmung bestätigt somit in jeder Weise das Resultat, zu
welchem uns die Interpretation des Wortlauts führte: Dem Art. 60
s1) BzzoLp II, S. 378.
32) Diese Lösung ist nun freilich bis auf den heutigen Tag in keiner
Weise erfolgt.