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lassen wollte, in einem ganz bestimmten Sinne entscheide*, und
dass daneben die subjective Absicht der Urheber jede Kraft und
Bedeutung verliere. Diese inneren Gründe sind nun folgende:
1. Die Art. 57 und 59%?) der Reichsverfassung sind that-
sächlich unvereinbar, sie heben einander gegenseitig auf. Die
Präsenzzahl ist nun „das Zünglein an der Wage, welches die
Differenz zwischen den widerstrebenden Gewichten des Art. 57
und 59 regulirt und ausgleicht“. Daher musste dieselbe eigent-
lich in der Verfassung selbst festgestellt werden. Nur aus
Gründen der Politik und Gesetzestechnik „begnügt sich die
Verfassung gleichsam mit einer Blancovollmacht, welche sie der
gewöhnlichen Gesetzgebung ertheilt“. Diese Vollmacht ist in
Art. 60 enthalten. Immerhin bleibt eine danach erfolgende Fest-
stellung der Präsenzzahl die „rechtsverbindliche Anordnung eines
Rechtssatzes“ , ıst somit Gesetz im materiellen Sinne, daher
nicht im Wege des Etatsgesetzes zu erledigen.
2. Art. 62 der Reichsverfassung lautet: „Bei der Fest-
stellung des Militärausgabeetats wird die auf Grundlage dieser
Verfassung gesetzlich feststehende Organisation des Reichsheeres
zu Grunde gelegt.
Ohne gesetzliche Fixirung der Präsenzzahl steht nun aber
die als Grundlage des Etats geforderte gesetzliche Organisation
eben gesetzlich nicht fest; es gibt keine andere gesetzliche Or-
ganisation, die dem Etat zu Grunde gelegt werden könnte;
Art. 57 und 59 sind hierzu nicht geeignet, desgleichen nicht $ 2
des Reichsmilitärgesetzes. Daher liegt in der Vorschrift des
Art. 62. die Forderun g nach einer gesetzlichen Fixirung der
Friedenspräsenz; und zwar durch ein Gesetz im materiellen Sinne,
ausserhalb des Etats, denn sonst‘ würde in die Verfassung hin-
einzuinterpretiren sein, dass dem Etat eine Organisation zu
47) Art. 57 bestimmt die allgemeine Wehrpflicht und Art. 59 die
Dienstzeit.