Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

— 9 — 
Grunde gelegt werden solle, welche eben dieser Etat erst schaffen 
müsste. Diesen circulus vitiosus könne man der Reichsverfas- 
sung nicht zutrauen. 
Prevss kommt daher (S. 81) zu dem Resultat, dass die 
Reichsverfassung in Art. 60 für die definitive Regelung der 
Friedenspräsenz ein besonderes Gesetz fordere, und die Festsetzung 
derselben lediglich durch den Reichshaushaltsetat absolut aus- 
schliesse. 
Ad 1. Es ist zunächst zuzugeben, dass in der That die nicht 
unzweideutig in dem Gesetze ausgesprochene Absicht des Gesetz- 
gebers ihre Bedeutung verliert, wenn wirklich innere Gründe 
vorhanden sind, welche die in dem Gesetze absichtlich offen ge- 
lassene Frage in einem ganz bestimmten Sinne entscheiden. 
Bezüglich des Vorhandenseins dieser inneren Gründe können 
wir uns jedoch in dem vorliegenden Falle den Deductionen von 
Preuss nicht anschliessen. 
Zunächst ıst u. E. der Beweis, welchen Przvss aus dem 
Verhältniss der Art. 57 und 59 zur Bestimmung der Präsenzzahl 
herleitet, auf einen Fehler aufgebaut. Dieser Fehler besteht in 
dem unrichtigen Verständnisse, einmal des Begriffes der allge- 
meinen Wehrpflicht, wie sie in Art. 57 ihren Ausdruck gefunden 
hat, sodann des Verhältnisses von Dienstzeit und Präsenzzahl zu 
derselben. 
Der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht bedeutet die 
Verpflichtung jedes dazu Befähigten, auf die Aufforderung des 
Staates hin in das Heer einzutreten, sei es im Falle eines Krieges, 
sei es zum Zwecke der erforderlichen Ausbildung in den Waffen 
während der Friedenszeit. Dass thatsächlich im Frieden jene 
Aufforderung an jeden Wehrfähigen ergehen solle, ist durch den 
Begriff der allgemeinen Wehrpflicht keineswegs gefordert, wird 
also auch durch Art. 57 der Reichsverfassung nicht festgestellt. 
In welchem Umfange und unter welchen Bedingungen diese 
Aufforderung seitens der Staatsgewalt erlassen werden darf, das
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.