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durchaus selbstverständlicher Satz, der die gesetzlichen Ein-
richtungen des Militärwesens gegen einseitige Budgetabstriche
schützen will und der seine Entstehung der gerechtfertigten Be-
sorgniss verdankt, mit welcher die verbündeten Regierungen des
Norddeutschen Bundes auf die damals herrschende Theorie des
Budgetrechts blickten.
Durchaus willkürlich ist es aber, ihn als eine Forderung
nach gesetzlicher Organisation auszulegen. Er könnte in der
Verfassung auch dann mit vollem Rechte stehen bleiben, wenn
durch Verfassungsänderung die gesammte gesetzliche Organisa-
tion des Reichsheeres, soweit sie dem Militärausgabeetat zu
Grunde gelegt werden kann, beseitigt wäre. Zu praktischer
Anwendung würde er dann erst wieder bei Neueinführung einer
solchen Organisation gelangen.
Augenblicklich schützt diese Bestimmung die gesetzliche
Dienstzeit gegen Verkürzung im Wege des Budgetstrichs, ferner
die gesetzlich feststehenden Oadres; desgleichen schützt sie die
Friedenspräsenzstärke, wenn dieselbe auf gesetzlicher Grundlage
beruht.
Wenn dagegen die Friedenspräsenzstärke nicht durch ein
Specialgesetz feststeht, sondern durch das jedesmalige Etatsgesetz
bestimmt wird, so gehört sie eben nicht zu der gesetzlichen
Organisation, welche bei der Feststellung eben dieses Etatsgesetzes
zu Grunde zu legen ist, und die Bestimmung des Art. 62* wird
bezüglich ihrer unanwendbar.
Bei richtiger Interpretation des Art. 62? ist somit von dem
circulus vitiosus, den Preuss den Gegnern vorwirft, nichts zu
entdecken und deshalb vermag uns auch diese Ausführung nicht
davon zu überzeugen, dass eine Feststellung der Friedenspräsenz-
stärke im Wege des Etatsgesetzes, durch die Verfassung recht-
lich verwehrt wird.
Dem Versuche von Preuss, die Feststellung der Friedens-
präsenzstärke durch dauerndes Gesetz als Postulat der Ver-