Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

— 246 — 
Umstand, dass bei Berathung des Wehrgesetzes Redner zur 
Begründung der Regierungsvorlage auf Art. 63* der Reichsver- 
fassung sich berufen haben 8°). Dieselben gingen eben von 
einer falschen Interpretation dieser Verfassungsbestimmung 
aus 87), 
Aus der vorstehenden Darstellung des rechtlichen Inhalts 
von Art. 63* ergibt sich, dass derselbe sehr wohl neben Art. 60 
stehen kann, eben weil beide durchaus verschiedene Gebiete 
zu regeln bestimmt sind und sich hierbei gegenseitig ergänzen. 
Art. 60 überweist der Gesetzgebung das, was derselben 
zugewiesen werden muss und zugewiesen werden kann, Art. 63% 
gewährt der Executive die vom Standpunkte einer gesunden 
Gesetzgebungspolitik derselben zu belassende Freiheit und Un- 
gehemmtheit der Bewegung. Unter keinen Umständen kann 
jedoch dieses Recht der Executive an die Stelle des verfas- 
sungsmässigen Rechtes der Gesetzgebung treten. 
Die Verfassung fordert daher absolut das Zustandekom- 
men des Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenzstärke, und kennt 
einen verfassungsmässigen Ersatz für dieses Gesetz keineswegs. 
B. Wie kann das entstehende Vacuum ausgefüllt 
werden? 
Bei der Nichteinigung von Bundesrath und Reichstag, bez. 
der Friedenspräsenz, entsteht somit ein Vacuum. Es ist selbst- 
86) v. MoLtkE und v. Roon. (Sten. Ber. des ordentlichen Reichstags 
1867, S. 477 und 481.) 
87) Die durch $ 6° des Wehrgesetzes gestattete Ueberschreitung der 
Friedenspräsenzstärke findet übrigens ihr Gegengewicht in dem Ausgabe- 
bewilligungsrecht des Bundesraths und Reichstags, welches bei jeder Ueber- 
schreitung der gesetzlichen Friedenspräsenzstärke durch die Schranken 
des Art. 62* nicht mehr gehemmt wird. (Dies wurde auch in den Ver- 
handlungen des ordentlichen Reichstags von 1867 anerkannt. Sten. Ber. 
S. 478 und 488.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.