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tum des Art. 58 ihre Zustimmung zu geben. Es wurde viel-
mehr der Antrag Forckengeck 1°?), wonach die Dauer dieses
Pauschquantums nur bis zum 31. December 1871 bemessen sein
sollte, angenomnien.
Dies genügte jedoch den verbündeten Regierungen nicht,
da sie mit dem Ablauf des bewilligten Interimisticums die Mög-
lichkeit eines Conflicts befürchten zu müssen glaubten.
Eine Ausgleichung dieser Differenz zwischen dem Stand-
punkte der Regierungen und der Mehrheit des constituirenden
Reichstags beabsichtigte nun das in der Schlussberathung ge-
stellte Amendement von Bennissen-Usest (Absatz 2, 3, 4 des
jetzigen Art. 62), indem es die regierungsseitig geforderte Siche-
rung des Heeres im Absatz 2 und 4 mit dem parlamentarischen
Budgetrechte im Absatz 3 zu vereinigen suchte. Wenngleich
die Behandlung und Begründung dieses Antrags im constitui-
renden Reichstage darauf hindeuten, dass man bei Stellung
desselben wohl nur den Zustand nach dem Ablauf des ersten
Provisoriums im Auge hatte, während für später eine definitive
Regelung erwartet wurde, welche solche Aushilfsmittel über-
flüssig zu machen geeignet wäre, so ist doch anzuerkennen, dass
die gesetzgebenden Factoren dieser ihrer Absicht einen deut-
lichen Ausdruck im Gesetze selbst nicht gegeben haben, so
dass uns nichts erübrigt, als uns streng an den Wortlaut zu
halten, welcher diesen Bestimmungen eine Geltung „nach dem
31. December 1871°, also an sich auch heute noch, sichert !3).
UV. E. ist diese formelle Gültigkeit der Absätze 2—4 des
Art. 62 der Reichsverfassung nun auch weder durch das Gesetz
102) (BezoLp II, S. 454.) Der Antrag ist identisch mit Abs. 1 des
jetzigen Art. 62.
108) Für rein provisorisch wurden, ohne nähere Begründung, diese
Bestimmungen im ersten Reichstage 1871 von den Abgeordneten SonnE-
MAnN und LAsker erklärt, der Antrag Sonnemann auf Streichung derselben
aber abgelehnt.