— 292 —
Etat über die Ausgaben für das Heer dem Bundesrathe und
dem Reichstage nur zur Kenntnissnahme und zur Erinnerung
vorzulegen, von einer „Feststellung der Ausgaben durch das
Etatsgesetz“ konnte demnach nicht die Rede sein. Erst mit dem
Zeitpunkte des Aufhörens dieser Beschränkung, also mit dem
Erlass des Reichsmilitärgesetzes, konnten diese Bestimmungen
in Wirksamkeit treten.
Unrichtig wäre es daher, wenn man durch das Reichsmilitär-
gesetz, welches, wie wir gesehen, eine Wirksamkeit dieser Be-
stimmungen überhaupt erst ermöglichte, dieselben für aufgehoben
erachten wollte. Sind aber Absatz 3 und 4 gültig, so kann, bei
der nahen Verbindung, in welcher dieselben mit Absatz 2 stehen,
die Fortdauer der Gültigkeit auch dieses letzteren nicht bezweifelt
werden.
Wir stimmen deshalb mit der Ansicht derjenigen Schrift-
steller überein, welche dem Absatz 2 des Art. 62 fortdauernde
formelle Gültigkeit zusprechen.
b. Nicht dagegen können wir uns davon überzeugen, dass
in dem Falle eines Budgetconflicts zwischen Reichsregierung und
Reichstag, welcher in Folge der Nichteinigung von Bundesrath
und Reichstag in Bezug auf die Friedenspräsenzstärke entstanden
wäre, Art. 62? auch heute noch Anwendung finden könnte.
Auch wir unterscheiden wie Lasano 1%) im Art. 62? die
Verschiedenes bestimmenden beiden Sätze: „Der erste sanctio-
nirt die dauernde Pflicht der Einzelstaaten zur Zahlung der
Militärbeiträge, der zweite normirt die Berechnungsweise.“
Diese Pflicht bleibt dauernd bestehen, sie kann aber nicht prac-
tisch durchgeführt werden, sobald eine Berechnung nicht mög-
lich ist.
Solange ein gültiges Reichsgesetz die Friedenspräsenzstärke
bestimmt, bildet diese Friedenspräsenzziffer die Grundlage für
106) A, a. O., $. 95.