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thum über die Widerrechtlichkeit der Handlung. Beim Vorsatz
will man das Unrecht u. s. w.* Indessen, wie man auch in
Beziehung auf den strafrechtlichen Vorsatz über das „Bewusstsein
der Rechtswidrigkeit“ als Begriffsmoment desselben denken mag’!),
für die Auslegung unserer Gesetzesstelle kann es jedenfalls nicht
in Betracht kommen. Da es sich hier weder um eine Bestrafung
des Thäters, noch um eine von ihm zu leistende privatrechtliche
Entschädigung, sondern vielmehr um Erwerb oder Nichterwerb
eines dem öffentlichen Rechte angehörigen Fürsorge-Anspruchs
handelt, so kann sich jedenfalls hier der Vorsatz „nur auf die
Causalität der Handlung, nicht aber auf ihre juristische Quali-
fication“ beziehen °?). Ob der Thäter, indem er eine aus den
Unfallversicherungsgesetzen zu abstrahirende Norm überschritt,
sich die verletzende Einwirkung um der zu erlangenden Rente
willen zugezogen hat, ob er eine anderweitige Normwidrigkeit
beging und sich z. B. behufs Vermeidung des Militärdienstes
selbst verstümmelte ”?), ob er einen einfachen Selbstmord aus
Lebensüberdruss vollzog '?), ja sogar, ob er durch bewusste Selbst-
aufopferung eine sittliche Pflicht zu erfüllen glaubte ’°): gleich-
viel, den so Verletzten hat kein Unfall betroffen. Gerade das
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‘1) Vgl. Bınpıne, Normen II, S. 403 f., 486 ff.;, dagegen die Lehr-
bücher des Strafrechts von Huco Meyer, 4. Aufl. (1886), S. 198 ff., 209 f.
und v. Liszt, 2. Aufl. (1884), S. 157 f.
'?) v, Liszt, a. a. O., S. 158.
”®) Vgl. $ 142 Reichs-Strafgesetzbuch.
”4) S. Commissionsbericht, wie Note 67 eitirt. A. N. II, $. 355,
Nr. 420.
5) Insoweit jedenfalls trete ich EGER, a. a. O., 8. 152 bei seiner
Polemik gegen ein Erk. R.O.H.G. vom 4. September 1878 bei, in welchem
auf Grund von $ 1 Haftpflicht-G. eine Entschädigung in einem Falle zu-
gesprochen war, wo der Mann der Klägerin ein auf den Geleisen befind-
liches Kind zu retten versucht hatte und dabei tödtlich verletzt worden
war. Wie der Fall zu entscheiden, wenn man von dem Bewusstsein
der Selbstaufopferung absieht, ist an der Hand des unten im 2. Abschnitt
III, Nr. 5 Ausgeführten zu bestimmen.