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In der That scheint auch in neuerer Zeit der höchste Special-
gerichtshof, jene Erklärung selbst mehr und mehr verlassend,
sich dem hier vertretenen Standpunkte zu nähern. Nachdem das
Amt bereits in früheren Entscheidungen wenigstens im Zusammen-
hange seiner Gründe es als ein ausschlaggebendes Moment für
den Begriff des Betriebsunfalls gewürdigt hatte, dass in ihm sich
die Gefährlichkeit der Betriebsthätigkeit realisirte !%*), hat es
diesen Gesichtspunkt in einer neuesten Rekursentscheidung !°°)
ausführlicher zur Geltung gebracht. Der Kutscher eines Spedi-
teurs, der auf offener Strasse den Wagen seines Arbeitgebers
reinigte, war durch ein Stück Holz verletzt worden, welches ein
Zimmergeselle fahrlässigerweise aus einem Fenster des im Umbau
befindlichen Hauses des klägerischen Arbeitgebers auf die Strasse
warf. Das R.V.A. hat ın Uebereinstimmung mit dem Schieds-
gericht !°%6) das Vorliegen eines Betriebsunfalls verneint. „Dass
ein Zimmergeselle aus einem Fenster ein Stück Holz auf die
Strasse wirft und einen auf der letzteren befindlichen Menschen
verletzt, hängt nicht mit den Gefahren zusammen, von denen
Leben und Gesundheit der Arbeiter im Speditionsbetriebe bedroht
sind. — Den Kläger hat lediglich ein Unglücksfall betroffen,
welchem an der in Rede stehenden Stelle auch jeder andere,
104) A. N. III, S. 132, Nr. 317: Betriebsunfall, „weil im Hinblick auf
die erhöhte Lage des nahe bei einem See errichteten, mit Gerüststangen
umgebenen Hauses, auf dessen Dache der Verunglückte umkam, die Be-
schaffenheit des Betriebes eine besondere Gefahr desBlitzschlages
mit sich brachte.“ — III, $S. 209, Nr. 392: „Diese Wunden stehen auch
unzweifelhaft in ursächlichem Zusammenhange mit den Gefahren des
Eisen- und Stahlwerksbetriebes, bei welchem der Kläger als Kesselheizer
im Dienste stand.“ — IV, S. 70, Nr. 454: „— sind gewaltthätige Angriffe
von Dieben als eine der Gefahren anzusehen, welche mit seinen Ob-
liegenheiten im Betriebe verbunden sind.“ — IV, S. 189, Nr. 490.
165) A. N. IV, S. 176, Nr. 476.
106) Schon das der Recursentscheidung vorangegangene Berufungs-
urtheil eines Hamburger Schiedsgerichts (Arb.Vg. IV, $. 249) hatte die
richtigen Gesichtspunkte treffend hervorgehoben.