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um so weniger leicht ein Betriebsunfall angenommen werden
kann, dass also die Höhe und Energie des Schuldmoments zu
der Möglichkeit der Annahme einer Causalwirkung der Betriebs-
gefährlichkeit in umgekehrtem Verhältniss stehen. Höchst selten
nur wird es möglich sein, einen vorbedachten Mord (dolus prae-
meditatus) als Betriebsunfall zu qualificiren, und zwar im Wesent-
lichen nur dann, wenn die Berufsbeschäftigung des Ermordeten
für den Thäter die Ursache seines Enntschlusses und nicht blos
die Gelegenheit zur Ausführung desselben gewesen ist. Setzt
man im Anschluss an A. N. IV, 8. 69, Nr. 454 den Fall, dass
die Ermordung eines Betriebswächters vorbedacht wird, um darauf
die Beraubung des Etablissements ausführen zu können, so wird
man sicher für den Ermordeten einen Betriebsunfall anzunehmen
haben. Wenn dagegen z. B. ein Arbeiter, welcher seinen Mit-
arbeiter etwa aus Eifersucht oder anderen Gründen zu tödten
sich bestimmt vorgesetzt hat, sich nur zur Ausführung seines
Eintschlusses der durch die gemeinsame Arbeit unter gefährlichen
Umständen ihm gebotenen Gelegenheit bedient, so wird man doch
nicht sagen können, dass dies das Resultat des Falles wesent-
lich beeinflusst hat, da dem energischen Wollen des Mordes auch
die Verhältnisse des gewöhnlichen Lebens schliesslich keinen
Widerstand zu leisten vermögen !5°®). Eher schon scheint mir beim
sog. dolus repentinus die Möglichkeit gegeben zu sein, dass sich
die mitwirkende Betriebsgefährlichkeit zur Rolle einer Ursache
erhebt. Ich denke mir den Fall, dass bei einem an sich harm-
108) In diesem Sinne billige ich eine neueste Rec.-Entsch. A.N.IV,
S.189, Nr. 490: „Die vorsätzliche Körperverletzung des Recursklägers durch
einen anderen — für diese That zu 4 Jahr Gefängniss verurtheilten —
Betriebsarbeiter ist, wenn schon dieselbe an der Betriebsstätte und mittelst
eines dem Betriebe dienenden Werkzeuges erfolgt ist, als ein bei dem Be-
triebe eingetretener Unfall — nicht anzusehen. Es fehlt an dem ursäch-
lichen Zusammenhange zwischen der erlittenen Verletzung und dem Be-
triebe, seinen Gefahren und Einrichtungen.“
Archiv für öffentliches Recht. IH. 2. 3. 23