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culpa des Verletzten den Entschädigungsanspruch in allen Fällen
nicht ausschliesst 15%). Nach der besseren Erkenntniss, welche
die obigen Ausführungen über den doppelten Inhalt der citirten
Bestimmung zu begründen versucht haben, wird der in allen
Fällen mit besonderer Vorsicht anzuwendende Schluss vom Gegen-
theil hier nicht mehr in vollem Umfange aufrecht erhalten wer-
den können. Wir haben gesehen, dass nach $ 5, Abs. 7 „Vor-
satz“ die Entschädigung entweder darum ausschliessen kann, weil
er den Begriff des Unfalls als eines unbeabsichtigten Ereignisses
vernichtet, oder aber darum, weil er durch Unterbrechung des Cau-
salzusammenhanges den Begriff des Betriebsunfalls ausschliesst.
Der erste Grund nun ist allerdings, wie schon an jener Stelle
constatirt, ein solcher, welcher dem Vorsatz eigenthümlich ist;
hier findet also das argumentum e contrario unbedenklich An-
wendung: eigene Fahrlässigkeit des Verletzten schliesst den Be-
griff des Unfalls nicht aus. Der zweite Grund dagegen, die
Unterbrechung des Causalzusammenhanges zwischen Unfall und
besonderer Betriebsgefährlichkeit, ist nichts, was dem Vorsatz
eigenthümlich wäre; hier ist also das argumentum e contrario
unanwendbar, und wir gewinnen gegenüber der unterschiedslosen
Behandlung jeder culpa das unterscheidende Resultat: Nur die-
jenige Fahrlässigkeit des Verletzten‘ schliesst die Entschädigung
und damit den Begriff des Betriebsunfalls nicht aus, welche den
Causalzusammenhang zwischen Unfall und Betriebsgefährlichkeit
bestehen lässt.
Welche Art von culpa dies ist, darauf vermag schon die
logische Schlussfolgerung hinzuweisen‘: diejenige Fahrlässigkeit,
deren Vorhandensein selbst einen Theil der besonderen Betriebs-
gefährlichkeit bildet. Jede Arbeitsthätigkeit in der Industrie,
Landwirthschaft oder Seefahrt, welche den Menschen mit gefahren-
schwangeren Naturkräften oder Anstalten in eine besondere Be-
"*) Z. B. Arb.Vg. III, $. 536; IV, S. 595; A. N. III, S. 29, Nr. 281.