Zur Lehre vom Militärfiscus und der Vertretung
desselben.
Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Landesgerichts zu Colmar
vom 9. Januar 1888.
Am 13. Juli 1884 war in dem Dorfe Eckboldsheim bei Strassburg
ein Streit unter Militär- und Civilpersonen ausgebrochen. In Folge des-
selben holte der in denselben verwickelt gewesene Unterofficier BöRNER
von dem ganz in der Nähe gelegenen Fort Bismarck eine Patrouille
herbei. Dieselbe gehörte dem in Strassburg in Garnison stehenden
und zum 15. Armeecorps gehörigen 6. sächsischen Infanterie-Re-
giment Nr. 105 an. Als die Patrouille ankam, war die Wirthschaft,
in welcher der Streit stattgefunden hatte, leer; der Unterofficier be-
gnügte sich aber nicht damit, die vorher dort gewesenen Burschen
zu notiren, sondern er stellte die zur Patrouille gehörenden Soldaten
schussbereit an einer Hofmauer an der Strasse auf. Als einige Bur-
schen auf der Strasse daher kamen, wollte der Unterofficier dieselben
verhaften; dadurch entstand ein Handgemenge und in diesem Augen-
blick gab die an der Hofmauer stehen gebliebene Patrouille, angeb-
lich ohne jedes Commando, 4 Schüsse ab, von denen einer den Unter-
officier Börner selbst, ein anderer den an der ganzen Angelegenheit
völlig unbetheiligten, in dem Hausflur seines Wohnhauses stehenden
Wirth Kurtner traf. Der letztere wurde in die Hand getroffen, welche
in Folge der Verletzung gelähmt ist. Er erhob eine Entschädigungs-
klage gegen den Königl. Sächsischen Militärfiscus, vertreten
durch den Königl. Sächs. Kriegsminister, beim Landgericht Strassburg.
Das letztere verwarf die Einrede der Unzuständigkeit, wies aber die
Klage ab. Die gegen dieses Urtheil erhobene Berufung wurde vom
Oberlandesgericht zu Colmar zurückgewiesen aus folgenden
Gründen:
1. Der Kläger stützt den mittelst der gegenwärtigen Klage geltend
gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von 12000 Mark, wie aus
dem Anbringen der Klage bei dem Gerichte des Thatortes, dem In-
halte der Klage und endlich aus der in der Verhandlung erster In-
stanz vom 3. Juli 1886 gegebenen Erläuterung und Ergänzung der