— 39 —
St. wegen seines körperlichen Leidens durchaus nicht voraussetzen
konnte, ohne Weiteres wieder einen neuen Dienst zu erhalten, und
deshalb bei seiner Mutter in Braunsberg vorläufig ein Unterkommen
suchen musste.
Der Kläger hat diese Ausführungen des ersten Urtheils nicht
angefochten, seine Berufung gegen die abweisende Entscheidung viel-
mehr damit begründet, dass der erste Richter den $ 11, Abs. 3 des
Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 verletzt habe. — Der 11. November
sei — wie auch Beklagter zugestanden hat — der übliche Umzugs-
termin für ländliches Gesinde; zwischen dem 11. November und dem
Tage des thatsächlich erfolgten Zuziehens des St. bei dem Besitzer
W. (18. November) lägen nicht mehr als sieben Tage; der Zuzug sei
daher als am 11. November 1885 erfolgt und der Aufenthalt des St.
in Stangendorf demgemäss als nicht unterbrochen anzusehen.
Diese Ansicht wurde von dem Bundesamt in dem Urtheil vom
19. März 1887 reprobirt.
„Der $ 11, Abs. 3 und der ihm entsprechende $ 23, Abs. 3
a. a. O. handeln nach ihrem Wortlaut nur von dem Anfange des
Aufenthalts und dem Anfange der Abwesenheit. Für diesen Zeit-
punkt stellen sie aus praktischen Gründen, und um den oft sehr
complicirten Beweis abzuschneiden, ob der thatsächliche Beginn des
Aufenthalts, beziehungsweise der Abwesenheit mit dem regelmässigen
Umzugstermine zusammengefallen ist, eine jeden Gegenbeweis aus-
schliessende Vermuthung für den üblichen Umzugstermin auf. Eine
Ausdehnung dieser Präsumtion auf den Fall, wo nach Beginn des
Fristenlaufs eine Unterbrechung des Aufenthalts, beziehungsweise der
Abwesenheit stattgefunden hat, wird weder durch den Wortlaut der
gesetzlichen Vorschrift begründet, noch kann anerkannt werden, dass
die Natur der Sache eine solche Ausdehnung rechtfertige. Bei der Be-
rechnung des Laufes der Erwerbs- und Verlustfrist ist die Feststellung
eines bestimmten Kalendertages für den Beginn desselben von wesent-
licher Bedeutung, während für eine in den Lauf der Frist fallende
Entfernung von dem Aufenthaltsorte oder die Rückkehr nach dem-
selben die Bestimmung eines solchen Tages unerheblich erscheint, da
bei der Beurtheilung, ob eine Entfernung, beziehungsweise Rückkehr
als Unterbrechung des Aufenthalts oder der Abwesenheit anzusehen
ist (88 13, 25 a. a. O.), weder der Zeitpunkt derselben innerhalb der
zweijährigen Frist in Betracht kommt, noch die Zeitdauer für sich
allein entscheidend ist.“