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bindende Kraft erscheinen soll. Ihr allgemeiner Begriff passt
auch für diese, der des einseitigen Bestimmens des Rechtverhält-
nisses, des Rechtmachens für den Einzelnen, welcher dem Staate
gegenübersteht.
Mit einem Worte: wir können einfach anknüpfen an unsere
ersten Erörterungen; die römische Staatsidee ist wiedergefunden für
das Verhältniss zwischen Staat und Unterthan, soweit es wenigstens
öffentlichrechtlicher Art ist. Das ist die folgenschwere 'Thatsache,
welche die angeführten Zeugnisse bekunden. Diese Thatsache
ist vielleicht nicht schon in ihrer ganzen Tragweite gewürdigt,
ihre ungeheure Bedeutung für die Wissenschaft des öffentlichen
Rechts wird vielleicht noch vielfach durch Halbheiten und Un-
klarheiten verdeckt. Aber zu bestreiten ist sie nicht. Wer etwa
glaubt es zu thun, der sehe wohl zu, ob er sich nicht täuscht
über das, was er eigentlich behaupten will. Man kann die bin-
dende Kraft des Staatswillens nur für einen verhältnissmässig
engeren Kreis von Verhältnissen anerkennen, man kann sie in
Abrede stellen für dieses und jenes Rechtsinstitut, in welchem
sie Andere noch wahrnehmen wollen: das ist ein Streit über unsere
zweite Frage, über die Grenzziehung zwischen öffentlichem und
Civilrecht. Das Civilrecht findet ja bei uns Anwendung auf den
Staat in besonders starker Weise, man mag mit Grund die Mei-
nung verfechten, dass es viel umfassender geschehe als anderswo,
als z. B. bei den Franzosen. Aber woran man nicht denken
kann, das ist, dass bei uns das öffentliche Recht selbst, soweit
es einmal gilt, eine andere Natur habe. Es gibt keinen deutsch-
nationalen Begriff von öffentlichem Recht, der sich durch einen
mehr civilrechtlichen Charakter kennzeichnete. Was jenen grossen
Grundgedanken der bindenden Kraft des Staatwillens verleugnet,
das ist einfach nicht öffentlichrechtlich gedacht; ob man es so
nennt, ist einerlei.
2. Die Unsicherheit und Unbestimmtheit liegt wie oben an-
gedeutet ganz auf dem Gebiete der zweiten Frage, der nach der
Archiv für öffentliches Recht. II. 1. 3