Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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Sonach kommt der $ 1 des Gothaer Vertrages bezüglich bayrischer 
Unterthanen im &ebiete des U.W.G. noch zur Anwendung, so lange 
sie daselbst nicht einen Unterstützungswohnsitz erworben haben und 
wenn sie nach Wiederverlust eines solchen landarm geworden sind, 
während die Zurückverweisung deutscher Nichtbayern aus bayrischem 
Gebiete in die anderen Bundesstaaten auf Grund jenes Paragraphen 
zulässig bleibt, so lange sie in Bayern nicht das Heimathrecht er- 
worben haben. 
Hervorgehoben sei hier noch, dass die frühere Bedeutung der 
Uebernahmepflicht auf Grund des $ 1b des Gothaer Vertrages durch 
den weiteren Ausbau der Reichsgesetzgebung insofern wesentlich modi- 
fieirt worden ist, als die Uebernahme hülfsbedürftiger Deutscher jetzt 
nur auf Grund der Vorschrift des 8 1% des Vertrages erfolgt. Da der 
Verlust der Reichs- und Bundesstaatsangehörigkeit durch Nichtgebrauch 
gemäss 8 13 Ziff. 3 R.G. vom 1. Juni 1870 Aufenthalt ausserhalb 
der Reichsgrenzen voraussetzt, kann von einer Anwendung des $ 1P 
Goth. V. überall da nicht mehr die Rede sein, wo bayrische Unter- 
thanen bezw. Elsass-Lothringer sich nur in anderen Bundesstaaten 
und die Angehörigen anderer Bundesstaaten sich nur in Bayern oder 
Elsass-Lothringen aufgehalten haben. Die Anwendung des Vertrages 
zu $ 1b hat ausnahmsweise nur noch statt, wenn ehemalige Angehörige 
Bayerns oder Elsass-Lothringens nach Verlust der Reichs- und Bundes- 
staatsangehörigkeit durch Nichtgebrauch oder nach wirksam gewordener 
Entlassung zum Zwecke der Auswanderung aus dem Reichsauslande 
zurückkehren und in einem anderen Bundesstaate hülfsbedürftig werden, 
bedürftig am Orte des Unterstütungswohnsitzes zurückgelassen habe, so 
hat das Fr.G. den übrigen Staaten nicht die Befugniss gegeben, in solchem 
Falle die Zurückverweisung des in Bayern Neuanziehenden aus eigener 
Initiative zu betreiben. Ebensowenig bieten Goth.V. und Fr. G. einen An- 
halt dafür, dass wenn ein abhängiges Familienglied in einem bayrischen 
Orte dauernd hülfsbedürftig ist, etwa weil es als geisteskrank der Anstalts- 
pflege bedarf, in solchem Falle der nichtbayrische Heimathstaat berechtigt 
sein solle, die Abnahme des Familiengliedes an die Bedingung zu knüpfen, 
dass ihm das, seies nun an demselben oder an einem andern bayrischen 
Orte aufhaltsame Familienhaupt mit überwiesen werde. Im Uebrigen ist 
der Rechtsbegriff der Familiengemeinschaft nicht mit dem factischen Um- 
stande zu verwechseln, dass ein unterstütztes Familienhaupt Familien- 
glieder in seinem Hausstande hat, welche sich allein nicht ernähren können.
	        
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