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Fremder tritt auch in der weiteren Entwicklung des internationalen
Rechts etwas hervor. Zwar ist der Inhalt der Eisenacher Convention
und des $ 1 des Gothaer Vertrages in die zwischen dem Deutschen
Reiche, Italien und Dänemark geschlossenen Verträge wegen wechsel-
seitiger Unterstützung Hülfsbedürftiger, sowie in den mit der schwei-
zerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Niederlassungsvertrag bezw.
in das spätere Zusatzprotokoll zu letzterem aufgenommen worden.
Die mit Belgien geschlossene Declaration vom 7. Juli 1877 bedient
sich aber einer schärferen Terminologie®’.. Während man in den
anderen Verträgen, ebenso wie im Gothaer Vertrage, einen Versuch,
den Begriff der Hülfsbedürftigkeit zu determiniren, gänzlich vermisst,
sucht der mit Belgien geschlossene Vertrag wenigstens die Grade
dauernder Hülfsbedürftigkeit zu kategorisiren, indem Art. 3 vorschreibt,
dass Hülfsbedürftige, welche in Folge von Krankheit oder Alter er-
werbsunfähig geworden sind, desgleichen Waisen, verlassene Kinder
und Geisteskranke, wenn sie auf öffentliche Kosten verpflegt oder
unterhalten werden, nur auf vorhergehenden Antrag im diplomatischen
Wege übernommen werden sollen. Daneben ist in Art. 2 und 1
generell hervorgehoben, dass die Heimschaffung eines Hülfsbedürftigen
bezw. die Gewährung der erforderlichen Mittel zur Erreichung der
Grenze ausgesetzt werden muss, wenn und so lange es der Gesund-
heitszustand desselben erfordert. Im Verhältniss Bayerns und Elsass-
Lothringens zum Gebiet des U.W.G. und zu einander wird man auf
Grund des $ 5 Fr.G. in allen Ausweisungsfällen auf die bewährten
Grundsätze des Bundesamts zurückgreifen müssen, nach welchen Ar-
beitsunfähigkeit dauernder Hülfsbedürftigkeit gleich zu erachten ist,
wenn die Rückkehr der Arbeitsfähigkeit sich in absehbar kurzer
Zeit nicht erwarten lässt und dauernde Hülfsbedürftigkeit überhaupt
vorliegt, wenn sich wiederholtes Hervortreten des Unterstützungs-
bedürfnisses voraussehen lässt bezw. sich nicht absehen lässt, wann
es aufhören wird °°). Dabei kann die Vorschrift des $ 7 Fr.G. über
die Ersatzpflicht des Heimathstaates zur Vermeidung verfrühter, der
Gesundheit erkrankter Hülfsbedürftiger schädlicher Zurückbeförde-
rungen recht geeignete Anwendung finden.
°1) Centrelblatt S. 411.
32) Woner’s Entscheidungen, Bd. VII, Nr. 40; I, Nr. 19; IX, Nr. 37,