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und weder der Historiker noch der Jurist kann ihrer entbehren, und
keiner wird in Zukunft theilnahmslos an dieser Verfassungsgeschichte
Englands im Lichte seiner Steuern vorbeigehen können. Vielfach
möchte man wünschen, der Verfasser wäre bald in diesem, bald in
jenem Gebiete etwas tiefer eingedrungen, allein wir können es doch
nur billigen, wenn er sich streng an seine Aufgabe hielt, die Ge-
schichte und das Wachstbum der Steuern zu schildern, und es dem
Leser überliess, die weiteren, oft nahe liegenden Schlüsse zu ziehen.
Das Buch Doweır’s führt uns von den ältesten Zeiten bis auf die
Gegenwart. Die Verhandlungen, Kämpfe und Streitigkeiten der Stände
mit der Krone, welche das Mittelalter charakterisiren, werden ein-
gehend und lebendig geschildert. Mit Cromweıı schliesst diese Periode
ab, das stehende Heer bedarf einer starken Regierung und starker
Steuern, welche den Puritanern den Weg zum Herzen des Volkes
verschliessen. Von da an spiegeln sich alle inneren und äusseren
politischen Ereignisse und die Bestrebungen der Parteien in der Ge-
schichte der Steuern ab. Die Verhandlungen der Parlamente, die
Aeysserungen der öffentlichen Meinung in Zeitungen, Pamphleten und
Spottliedern werden getreulich und vollständig überliefert, und da-
durch gleichzeitig eine Geschichte der englischen Parteien in grossen
Umrissen geliefert. Mochte aber das Bedürfniss noch so gross und
die Noth noch so dringend sein, niemals kamen die englischen Staats-
männer auf das für Frankreich so verderblich gewordene System der
Verpachtung der Steuern, sondern immer behielten sie den Bezug in
eigener Hand. Der ganze Stoff wird von dem Verfasser in vier Bände
vertheilt, von denen jeder einen für sich abgeschlossenen Inhalt hat.
Der erste Band beginnt mit den dürftigen ältesten Nachrichten aus
der römischen und vornormannischen Zeit und führt die Darstellung
bis zur Revolution. Vertragsmässig wurden die Steuern festgestellt
und bewilligt, und dadurch in dem Zahlenden das Gefühl erweckt
und unterhalten, dass er gemeinsame Interessen zu besorgen und zu
fördern habe, während bei dem König das Bewusstsein entstehen
musste, dass er nicht willkürlich über die Mittel des Landes verfügen
und gesetzliche Schranken nicht überschreiten dürfe Deutlich und
unverkennbar machen sich schon frühe die Anzeigen späterer Conflicte
und ihrer Lösungen geltend, die Bill of Right und Shipmoney. In
diese Periode fällt auch die Austreibung der Juden durch Eduard I.
1290, die bisher eine nie versiegende Quelle bedeutender Staats-
einkünfte gewesen waren, und der Verfasser scheint keinen Zweifel