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Kinderfürsorge und der Krankenpflege. Die allmählich in immer
weiterem Umfange sich vollziehende Loslösung der Unterstützungs-
pflichtt von dem Heimathsrecht gab der Gesetzgebung freie Hand,
lediglich Zweckmässigkeitsgründe, Rücksichten auf eine möglichst gute
und rationelle Verwaltung des Armenwesens, verbunden mit einer
möglichst weitgehenden Ausgleichung der Armenlast, walten zu lassen.
— Mit der Einsetzung einer staatlichen Centralinstanz über der lokalen
Armenverwaltung (poor-law-bord, seit 1871 in dem local-governement-
boord aufgegangen) wurde der staatliche Charakter des englischen
Armenwesens vollständig durchgeführt.
Wie im Einzelnen sich das englische Armenwesen in der Gegen-
wart gestaltet hat, ist in dem zweiten Abschnitt ausgeführt, dessen
einzelne Capitel von dem Recht und der Pflicht der Armenunterstützung
(S. 157— 208), von der Beschaffung der Mittel für die Armenunter-
stützung (S. 209—232), von den Organen (8. 233—283) und den
einzelnen Zweigen des Armenwesens (8. 284—381) handeln. Dass bei
dieser Darstellung in der Kürze die historische Entwicklung der be-
treffenden Materie recapitulirt ist, wird von den meisten Lesern mit
Dank anerkannt werden. Ueberhaupt ist es dem Verfasser durch die
Art seiner Behandlung gelungen, nicht nur das massenhafte Material
zu bewältigen und zweckmässig zu gruppiren, sondern auch den etwas
trockenen Stoff zu einer anregenden und fesselnden Lektüre zu gestalten.
Von den einzelnen Abschnitten erschienen uns für die Reform
unseres deutschen Armenwesens besonders beachtenswerth: Die Dar-
stellung der Armenprineipien und der Hauptacten der Unterstützung
in England, des „out-door-relief“ (S. 2834—294) und der Unterbringung
in einem workhouse (S. 298—302), sowie die Kapitel, welche von
den Befugnissen und der Wirksamkeit der COentralarmenbehörde und
der ihr zur Aufrechterhaltung der Verbindung mit den Lokalarmen-
verwaltungen dienenden Armeninspektoren handeln ($. 240— 256), end-
lich der Anhang I, welcher sich auf die Ergänzung der öffentlichen
Armenpflege durch die Privatwohlthätigkeit bezieht ($. 395—410).
Das Buch Münstergere’s ist dem verdienstvollen Herausgeber
des dritten Werkes, dem Bezirkspräsidenten z. D. Frhrn. v. Reıtzen-
STEIN gewidmet. Hervorgegangen aus dem Bestreben des Verfassers,
sich für die ihm aufgetragene Leitung der Reichsarmenstatistik in
der Stadt Berlin mit allen denjenigen Fragen vertraut zu machen,
für deren Beantwortung die Armenstatistik das Material liefern soll,
mit den Fragen sowohl der Armengesetzgebung und deren Reform