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Ungarns und des deutschen Reichs, wobei der Verfasser durch die
ihm zur Verfügung gestellten Akten des österreichischen Justizmini-
steriums und eine im preussischen Justizministerium ausgearbeitete
Denkschrift, betreffend das Auslieferungsverfahren nach preussischem
Recht, die wirksamste Förderung erfuhr.
Das Werk zerfällt, abgesehen von einem Anhang über die
Rechtshülfe in Strafsachen, in 6 Bücher, von welchen das
erste die Stellung der Auslieferung im Rechtssystem und
die Geschichte ihrer Entwicklung behandelt. In einer licht-
vollen Darstellung werden die mannigfachen Gründe entwickelt, aus
welchen erst in neuester Zeit und nur im Wege allmählich sich er-
weiternder Verträge die Pflicht der Auslieferung zur praktischen
Anerkennung gelangen konnte: die ursprünglich so grosse Verschieden-
heit der socialen, religiösen und politischen Verhältnisse der einzelnen
Staaten, die grössere Härte der älteren Strafgesetze und deren be-
sondere Richtung auf den Schutz der Interessen des Staatsoberhaupts,
der Religionen und Confessionen, die irrationellen Prozessformen des
alten Rechts, anderseits die Zurückgebliebenheit des internationalen
Verkehrs der früheren Zeit im Gegensatz zu der ungeahnten Steige-
rung des letzteren durch die modernen Verkehrsmittel. Zur syste-
matischen Begründung des Rechts und der Pflicht der Auslieferung
gelangt der Verfasser sodann von dem Ausgangspunkt des sogenannten
Universalitätsprinzipes der Rechtspflege, vermöge dessen „jeder
Staat, welcher Jemanden, der irgendwo ein Verbrechen begangen hat,
in seine Gewalt bekommt, berechtigt und berufen ist, im Interesse
der gesammten menschlichen Gesellschaft für die Bestrafung solcher
Thaten zu sorgen, die die Lebensbedingungen der Gesellschaft ge-
fährden® ; dazu führt nach LammascHh einerseits der Begriff des Ver-
brechens als einer unsittlichen Handlung, deren Unterlassung nicht
erst durch das Gesetz zur Pflicht wird, anderseits die Erwägung, dass
der für die Bestrafung des ausländischen Verbrechers sorgende Zu-
fluchtsstaat dies aus ganz denselben Gründen, d. h. zur Vermeidung
derselben nachtheiligen und zur Verwirklichung derselben günstigen
Folgen thue, wie im Falle der Bestrafung eines auf seinem eigenen
Gebiete begangenen Verbrechens. Der Zufluchtsstaat soll jedoch im
ersteren Falle die Verwirklichung seines (eigenen) Rechtes, zu strafen,
nur in Ausnahmefällen selbst bewirken, der Regel nach aber dem
Staate, in dessen Gebiet die Handlung begangen ist, im Wege der
Auslieferung „übertragen“, damit dieser sein konkurrirendes Straf-