Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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seitigte, dass ein Staat entweder seinen eigenen höchsten Interessen 
zuwiderhandeln oder wortbrüchig werden müsste. Wenn LammascH 
hierin sogar die ausschliessliche Begründung jenes Principes erblickt 
und die Präsumtion der Nichtunsittlichkeit der politischen Verbrechen 
mit Recht zurückweist, so wird er doch nicht verkennen, wie die 
Thatsache, dass solche Handlungen nicht selten gegen einen selbst 
nach dem Rechte des Auslands illegalen staatlichen Zustand und im 
Gefühle subjectiver Berechtigung vorgenommen werden, die An- 
erkennung des Grundsatzes mächtig gefördert hat. Er selbst weist 
in der Folge bei Besprechung der relativ politischen Delikte darauf 
hin, dass selbst die letzteren nicht mit jener unwandelbaren Verwerf- 
lichkeit behaftet seien, die den Thäter überall proscribirt, und erkennt 
die Nothwendigkeit an, die Lehren der Geschichte und die Anforde- 
rungen der praktischen Politik nicht aus den Augen zu verlieren, 
nach welchen wir nicht selten Gewaltthaten für gerechtfertigt oder 
doch für entschuldigt halten, die der Oriminalist nur verdammen kann. 
Hinsichtlich der „absolut politischen“ Verbrechen kommt ferner, wie 
Lammasch ausführt, in Betracht, dass dieselben regelmässig nach dem 
Rechte des ersuchten Staates nicht strafbar und überdies ihrem Wesen 
nach nur formal und blanquetartig bezeichnet sind, so dass ein Staat, 
der bezüglich derselben die Auslieferung zusagt, niemals genau wüsste, 
wozu er sich verpflichtet. — Mit Recht verwirft der Verfasser die 
neuerlichen Versuche, den Begriff der politischen Verbrechen unter 
Ausscheidung der relativ politischen nach den die gerichtliche Zu- 
ständigkeit oder die Anwendbarkeit gewisser Strafarten betreffenden 
Gesetzen der einzelnen Staaten zu bestimmen; dieser nationale Be- 
griff ist naturgemäss ein engerer, international nicht zu verwendenden 
In der letzteren Beziehung ist die auf die Begehung eines absolut 
politischen Verbrechens gerichtete Absicht, der Zweck der Hand- 
lung, das Entscheidende, nicht das Motiv. Zu demselben Ergebniss 
führt aber auch, wie LammascH hervorhebt, die von dem objectiven 
Thatbestand ausgehende Ansicht, sofern dabei die natürliche und 
psychologische Anschauung bestimmend ist, welche bei den relativ 
politischen Delikten die Concurrenz des gemeinen Verbrechens mit 
dem absolut politischen Verbrechen, bezw. der Vorbereitung dazu, nicht 
verkennt. — Die neuerliche Tendenz nach einer Einschränkung des 
Grundsatzes der Nichtauslieferung politischer Verbrecher beruht darauf, 
dass „das moderne Bewusstsein vor dem Gedanken zurückschaudert, 
als könnte vielleicht die Rücksicht auf den der Billigung und Bewun-
	        
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