Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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jedenfalls der Vorschlag, wonach der ersuchte Staat jedesmal ein 
förmliches Auslieferungsdeceret ausstellen soll, welches zur Darnach- 
achtung für das Gericht des ersuchenden Staates die Bedingungen 
und Beschränkungen der Auslieferung genau präcisirt. — In der 
durch den „Fall Schnäbele“ angeregten Frage, inwiefern es der Be- 
strafung des Verfolgten entgegenstehe, wenn derselbe nicht in Form 
Rechtens ausgeliefert, sondern durch List oder Gewalt, bezw. unter 
Verletzung fremden Gebietes in die Hand des inländischen Richters 
gelangt ist, neigt LammascH entschieden der Ansicht zu, dass die vor- 
liegende Zuwiderhandlung gegen das Völkerrecht die Pflicht der Ab- 
standnahme von der Verfolgung begründe. 
Der Anhang, betreffend die Rechtshülfe in Strafsachen, ver- 
breitet sich über die Rechtskraft ausländischer Strafurtheile und den 
Einfluss der theilweisen oder vollständigen Verbüssung, bezw. der 
gnadenweisen Aufhebung der im Ausland erkannten Strafen, um dann 
auf die Rechtshülfe im engeren Sinne überzugehen, welche im In- 
structionsverfahren durch Veranlassung von Zustellungen und Be- 
weiserhebungen von den Staaten wechselseitig geleistet wird. 
LammascH weist hier darauf hin, dass die Beschränkungen der Aus- 
lieferung nicht ohne Weiteres auch für die Rechtshülfe i. e. S. Platz 
greifen, schon deshalb nicht, weil die Weigerung der Rechtshülfe in 
den meisten Fällen den Gang des ausländischen Verfahrens nicht 
hindern, sondern nur bewirken kann, dass die Entscheidung auf einer 
minder zuverlässigen Grundlage gefällt wird. Der Verfasser tadelt 
daher die Praxis, wonach die Zustellungen nur herbeigeführt werden, 
wenn es sich nicht um politische Delikte oder um Angehörige des 
ersuchten oder eines dritten Staates handelt, und will nur im Texte 
der Vorladungen jede Androhung von Zwangsmassregeln unterlassen 
sehen. (Nach der Praxis im deutschen Reich werden Vorladungen 
an hier wohnende Inländer nicht bewirkt und die Letzteren nur offi- 
ciös von dem Inhalte der Ladung in Kenntniss gesetzt.) Hinsichtlich 
der Rogatorien i. e. S. billigt es Lammasch dagegen, dass der grösste 
Theil der Vereinbarungen die Pflicht zur Beweisaufnahme auf Processe 
nicht politischen Charakters beschränkt, da die Staaten mitunter 
geradezu ein Interesse daran haben, zur Ermittelung und Bestrafung 
der im Auslande begangenen politischen Verbrechen nicht mitzuwirken, 
und dass ferner eine Pflicht zur Erhebung von Belastungsbeweisen 
hinsichtlich solcher Handlungen nicht übernommen wird, welche 
nach den Gesetzen des ersuchten Staates nicht strafbar 'sind. Diese
	        
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