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der Eintritt in den Staatsdienst zum Vertrage werde.) Es ist
allerdings fast eine stehende Redensart geworden, zu sagen: weil
das Staatsdienstverhältniss nur begründet werden kann mit Ein-
willigung des Ernannten, deshalb muss der Begründungsakt ein
Vertrag sein®®). Das geht zu rasch. Hier wo es sich um die
Frage handelt, ob wahrer Vertrag oder nicht, müssen wir es mit
diesem Begriffe genau nehmen. Es ist nicht alles Vertrag, was
zu seiner rechtlichen Wirksamkeit die Einwilligung desjenigen
voraussetzt, für welchen es wirksam sein soll.
Auch die einseitigen Rechtsgeschäfte des Civilrechts können
nicht wirken ohne den ausgesprochenen oder vermutheten Willen
desjenigen, der Rechte erwerben oder Verpflichtungen auferlegt
bekommen soll. Die Möglichkeit eines derartig bedingten ein-
seitigen Rechtsgeschäftes liegt natürlich auf dem Gebiete des
öffentlichen Rechtes noch viel näher. Der Vertrag aber ist eine
viel fester bestimmte Rechtsgestalt als die eines Rechtsgeschäftes,
bei welchem eine Annahme oder Zustimmung nöthig wird, damit es
Erfolg habe: die Willenseinigung der Betheiligten, der „gemein-
same Wille*, muss die Trägerin des Erfolges sein kraft eines
Rechtssatzes, der diese Wirkung mit ihr verknüpft. Nicht der
Eine soll die Rechtswirkung erzeugen und der Andere sich das
gefallen lassen, sondern beide zusammen müssen sie geschaffen
haben; dann ist es ein Vertrag ®).
55) LöÖnInG., V.-R., $. 119; SARwEY, Württemb. St.-R., $. 276;
GAREIS, Allg. St.-R. $S. 165; SEYDEL, Grundzüge, $. 59; Derselbe, bayr. St.-R.
IL, S. 526; REeuM in Annalen 1885, 8. 142. — Schon GÖNNER hatte sich
beklagt: „Es ist ein folgenschwerer Irrthum der Rechtslehrer, wenn sie
glauben, das Einverständniss zweier Subjecte über Rechte und Verbind-
lichkeiten mache das ganze Wesen eines Vertrages aus.“ (Staatsdienst,
$ 29). — Wir werden übrigens sehen, dass die Sache meist nicht so ein-
fach gemeint und deshalb der Vorwurf der Oberflächlichkeit nicht ange-
bracht ist (vgl. unten Anm. 64).
56) Ueber einseitiges Rechtsgeschäft und Vertrag vgl. Böckına, Pand.
S 103, Note 12. Bemerkenswerth sind die Ausführungen bei KUNTZE,